UN verhaftet Serben als Kriegsverbrecher

■ Slavko Dokmanović wird die Beteiligung an einem Massaker vorgeworfen

Split (taz) – Die Verhaftung des mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrechers Slavko Dokmanović durch Mitarbeiter des Kriegsverbrechertribunals in Den Haag am Samstag hat wütende serbische Proteste ausgelöst. Daß erstmals Mitarbeiter der UN eine Verhaftung vornahmen, muß die serbischen Führungen in Belgrad und in Ostslawonien alarmieren. Denn damit rückte die internationale Gemeinschaft von der Strategie ab, die örtlichen Behörden zu Verhaftungen zu bewegen.

Mit Dokmanović sitzt einer der höchsten Funktionäre der serbischen Nationalisten in dem Raum Ostslawonien jetzt in einem Gefängnis in Den Haag. Ihm werden in seiner Zeit als Bürgermeister der Stadt Vukovar Verbrechen gegen die Menschlichkeit aus dem Jahre 1991 zur Last gelegt. Nach der Eroberung der Stadt im November 1991 sollen serbische Freischärler in Zusammenarbeit mit der Jugoslawischen Volksarmee 261 nichtserbische Patienten des Krankenhauses von Vukovar verschleppt und ermordet haben. Bei der Öffnung eines Massengrabes im letzten Herbst konnten 200 der Leichen geborgen werden. Dokmanović wurde nach Angaben seiner Ehefrau in eine Falle gelockt. Er sei erstmals seit einem Jahr in die Region um Vukovar von Serbien kommend eingereist, weil mit dem UN-Verwalter Ostslawoniens, Jacques Klein, Gespräche vereinbart waren. Am Grenzort Erdut hätten die UN-Vertreter Dokmanović abgeholt und sogleich nach Den Haag verfrachtet.

Für die serbische Führung in Ostslawonien zeigen sich nun zwei Probleme: Einerseits wird deutlich, daß die Souveränität dieses Gebietes nicht mehr in ihren Händen liegt und die Reintegration der Region nach Kroatien ernsthaft betrieben wird. Die Verhaftung Dokmanovićs durchbricht darüberhinaus die immer noch verbreitete Ideologie der serbischen Nationalisten, die Serben hätten sich im kroatischen Krieg nur gewehrt und seien selbst Opfer einer Aggression gewesen. Bisher ist von serbischer Seite jegliche Schuld in bezug auf Kriegsverbrechen in Vukovar abgestritten worden.

In Den Haag war schon seit Monaten Material gegen Dokmanović gesammelt worden. Nach der Prozeßeröffnung gegen den kroatischen HVO-Kommandeur von Zentralbosnien, Tihomir Blaskić, ist mit Dokmanović der zweite große Fisch ins Netz des Gerichts gegangen. Erich Rathfelder