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Gute Figur, keine Größe

■ Hongkong: Der letzte britische Gouverneur geht

Heute enden in Hongkong 156 Jahre britischer Kolonialherrschaft. Und das ist gut so. Die Kolonialzeit begann mit skrupellosem Drogenhandel und Krieg. Sie endet mit einer blühenden Wirtschaft und Freiheiten, die den Kolonialstatus zu einem Relikt der Vergangenheit machen, dessen Ende längst überfällig war.

Die letzten Umfragen in Hongkong bescheinigen der britischen Kolonialmacht, daß sie überwiegend in positiver Erinnerung bleiben wird. In den letzten Tagen erlebte Christopher Patten, der 28. und letzte Gouverneur der Kronkolonie, einen wahren Triumphzug durch die Stadt. Kein Wunder – Patten hat in fünf Jahren Amtszeit für viel Wirbel gesorgt. Kurz vor der Rückgabe an China führte er gegen den Widerstand Pekings demokratische Reformen durch.

Und trotzdem: Für allzuviel Überschwang gibt es keinen Grund. Weder London noch Patten werden sich künftig in Hongkong glaubwürdig als Hüter der Demokratie aufführen können. Denn Großbritannien war 150 Jahre lang nicht an Demokratie in Hongkong interessiert, und Pattens Reformen waren genau besehen weder Fisch noch Fleisch. Sie brachten eine Demokratisierung, aber noch lange keine Demokratie. So kamen die bei den Wahlen siegreichen Demokraten nie wirklich an die Macht. Peking wird morgen früh Pattens Reformen rückgängig machen. Ihr Erfolg wird gewesen sein, daß sie immerhin einen Geschmack von Demokratie, Mitsprache und Transparenz vermittelt haben. Daran wird sich die Politik der künftigen Machthaber in Hongkong messen lassen müssen.

So triumphal Pattens Abschied auch ausfiel – wahre Größe hat er nicht gezeigt. So fehlte ihm der Mut, sich für das an China begangene koloniale Unrecht zu entschuldigen. Trotzdem wirkt Patten, Politiker der britischen Konservativen, im Kontrast zu den Politikern, die in China den Ton angeben, und auch zu vielen der herrschenden Tycoons in Hongkong erstaunlich liberal. Im Vergleich mit ihm ist sein Nachfolger Tung Che-hwa erzkonservativ. Patten ist ein moderner Politiker zum Anfassen – vor allem Chinas herrschende Politiker führen sich dagegen wie alte Kolonialherren auf. Patten wird von seinen Gegnern als der letzte koloniale Herrscher bezeichnet. Doch er war in Hongkong wohl nur der letzte britische. Sven Hansen

Berichte Seite 8 und 14

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