: Patienten stärker zur Ader lassen, äh: Kasse bitten
■ Von heute an wird auch in Hamburg die Gesundheit noch teurer werden
Nur nicht krank werden. Denn beim kleinsten Zipperlein muß unter Umständen das Sparschwein geschlachtet werden. Am heutigen 1. Juli tritt die sogenannte dritte Stufe der Gesundheitsreform in Kraft. Jutta Staack, Versichertenvertreterin im Verwaltungsrat der Hamburger AOK, sieht in ihr „eine weitere Einschränkung des Solidarprinzips“. Denn für Kassenpatienten bedeute sie vor allem eins: Sie werden noch stärker zur Kasse gebeten.
Die Neuregelung birgt schon beim harmlosen Besuch in der Apotheke teure Überraschungen: Fast alle Zuzahlungen für den persönlichen Pillenbedarf werden um fünf Mark erhöht. Das bedeutet: Der Patient muß für verschriebene Arzneimittel statt bisher vier, sechs oder acht Mark nun neun, elf oder dreizehn Mark berappen – je nach Packungsgröße. Ebenso steigen die Selbstbeteiligungen bei Taxifahrten, Krankengymnastik, Zahnersatz und Krankenhausaufenthalten sowie bei Mütterkuren und Rehabilitationsmaßnahmen in der Regel um fünf Prozent.
Die bestehenden Überkapazitäten im Gesundheitssystem blieben von dem neuen Gesetz jedoch unangetastet, kritisiert Jutta Staack: „Wir haben zu viele Ärzte, zu viele Zahnärzte, zu viele Krankenhausbetten und zu viele Apotheken in Hamburg“, wettert die resolute Gewerkschafterin. Statt sinnvolle kostensteuernde Maßnahmen wie die ursprünglich geplante Positivliste für Arzneimittel umzusetzen, würden nun erneut fehlende Finanzmittel bei den Versicherten „abgeschöpft“.
Aus Sicht der AOK Hamburg gibt es nach wie vor große Einsparpotentiale an den Schnittstellen zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern sowie beim Übergang von der Klinik in eine Reha-Einrichtung. Doppeluntersuchungen und teure Krankenhausaufenthalte könnten durch eine bessere Kooperation vermieden werden.
Das einzig Positive aus Seehofers Trickkiste ist die neue Überforderungsgrenze für chronisch Kranke. Rheuma- oder Diabetes-Patienten müssen ab heute nicht mehr als ein Prozent ihres Bruttoeinkommens für Behandlungen und Medikamente aufbringen. Als chronisch krank gilt, wer sich wegen derselben Erkrankung länger als ein Jahr in Dauerbehandlung befindet. Für alle anderen Versicherten liegt die gesetzlich verankerte Zuzahlungsschmerzgrenze bei zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen.
Lisa Schönemann
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