: Flughafenskandal kommt vor Gericht
■ Landgericht verhandelt im Herbst über die 300-Millionen-Grundstückspleite am Flughafen Schönefeld. BBF will Schadensersatz von Exgeschäftsführern. Diskussion über Mitverantwortung des Senats
Der Skandal um die Grundstücksgeschäfte am Flughafen Schönefeld wird die Gerichte beschäftigen. Die Berlin Brandenburg Flughafenholding (BBF) hat ihre ehemaligen Geschäftsführer Robert Grosch und Knut Henne auf Schadensersatz verklagt, weil diese für Millionenverluste der Holding verantwortlich sein sollen. Die Klage über Schadensersatz von jeweils einer Million Mark ist beim Landgericht anhängig und soll im September verhandelt werden. Das bestätigte BBF-Sprecher Eberhard Elie gestern auf Anfrage.
Mit dem Zivilprozeß wird die Diskussion um die Verantwortung der BBF-Manager und die Mitverantwortung von BBF-Aufsichtsrat und den Regierungen in Berlin und Potsdam wiedereröffnet. Der BBF-Aufsichtsrat hatte im September letzten Jahres grundsätzlich entschieden, daß die Exmanager Grosch und Henne belangt werden sollten. Nach Angaben aus dem Gremium wurde die Forderung von einer Million Mark im Vergleich zum entstandenen Schaden von etwa 300 Millionen bewußt niedrig angesetzt, um den Streitwert und die Prozeßkosten nicht in die Höhe zu treiben. Von ursprünglichen Überlegungen, auch einen anderen ehemaligen Geschäftsführer, Manfred Hölzel, zu verklagen, sei man wegen der geringen Erfolgsaussichten abgekommen, hieß es.
Die Klage wirft Grosch und Henne vor, ihre Pflichten als BBF- Geschäftsführer verletzt und so der Holding geschadet zu haben. Unter ihrer Führung kaufte die BBF 1991/92 insgesamt 118 Hektar Land in der Umgebung des Flughafens Schönefeld zu überhöhten Preisen. Obwohl laut Aufsichtsratsbeschluß die Grundstücke nicht teurer als 200 Mark pro Hektar sein durften, zahlte die BBF teilweise bis zu 400 Mark, stellte der Landesrechnungshof 1994 in einem Bericht fest. Unter anderem seien Grundstücke erworben worden, die „im wesentlichen überhaupt nicht für den Flughafenausbau vorgesehen waren“, kritisierten die Rechnungsprüfer.
Henne wurde Ende 1993 entlassen, obwohl sein Vertrag noch bis 1997 gelaufen wäre. Grosch schied 1993 aus der BBF-Geschäftsführung aus.
Am Verhalten der Großen Koalition bei den dubiosen Grundstücksgeschäften gab es bereits 1994/95 heftige Kritik. So warf der Landesrechnungshof den Berliner Vertretern im BBF-Aufsichtsrat vor, ihre Aufgaben nicht richtig wahrgenommen und sich um die Grundstückgeschäfte nicht gekümmert zu haben. Die damaligen Berliner Vertreter im Kontrollgremium der BBF, die von Berlin, Brandenburg und dem Bund getragen wird, sind inzwischen ersetzt worden. Es waren der damalige Finanz- und heutige Wirtschaftssenator Elmar Pieroth, der damalige Verkehrssenator und jetzige Parlamentspräsident Herwig Haase, der damalige und jetzige Chef der Senatskanzlei, Volker Kähne (alle CDU) und der damalige Wirtschaftsstaatssekretär Volker Rommerskirchen (SPD), der jetzt als Vorstandsmitglied der Gasag im Gespräch ist. Zwar habe die Geschäftsführung sie „nur sehr unzureichend informiert“, befand der Rechnungshof, aber sie hätten sich weder „mit Nachdruck bemüht, eine arbeitsfähige Geschäftsleitung zu bestellen“, noch seien sie frühen Hinweisen auf die verlustreichen Grundstücksdeals nachgegangen.
Auch der parlamentarische Untersuchungsausschuß des Abgeordnetenhauses zum Grundstücksskandal bescheinigte dem Aufsichtsrat, er habe die Geschäftsführung zuwenig kontrolliert und sei von „Apathie, Verantwortungslosigkeit und Dilettantismus“ geprägt gewesen. Vor dem Untersuchungsausschuß hatte Henne darauf bestanden, daß der BBF-Aufsichtsrat ständig über die Grundstücksgeschäfte informiert gewesen sei. Darüber gebe es schriftliche Unterlagen. Den Mitgliedern des Aufsichtsrates warf Henne ein „offensichtlich kurzes Gedächtnis“ bei dieser Frage vor. Bernhard Pötter
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