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Albaniens Politiker machen sich dünne

■ Anhänger von Präsident Berisha setzen sich ins Ausland ab

Tirana (taz) – Auf dem Schreibtisch ein Schlüsselbund, eine Pistole und ein Bündel Akten: So fanden Mitarbeiter des Tiraner Innenministeriums am Dienstag nachmittag das Arbeitszimmer ihres Dienstherrn vor. Der Minister selbst war verschwunden. Belul Celo, Vertreter der Demokratischen Partei in der Übergangsregierung von Bashkim Fino, habe nach der Niederlage seiner Partei bei den Wahlen vom Sonntag abgelöst werden sollen, hieß es aus oppositionellen Kreisen. Aus der gleichen Quelle verlautete, Celo habe sich ins Ausland abgesetzt. Ein Sprecher Finos sagte lediglich, Celo habe um einige Tage Urlaub gebeten.

Auch Agim Shehu, Polizeichef im Range eines Vizeinnenministers und enger Vertrauter von Präsident Sali Berisha, hat das Weite gesucht. Nach Angaben der Tageszeitung Koha Jona sollen Shehu und seine Familie am Dienstag mittag Tirana mit einer Maschine der Lufthansa in Richtung Deutschland verlassen haben. Die Opposition wirft Shehu unter anderem vor, für die gewaltsame Niederschlagung von Demonstrationen nach den gepfuschten Parlamentswahlen im Mai vergangenen Jahres verantwortlich zu sein.

Berishas persönliche Leibgarde ist seit Dienstag ebenfalls kopflos. Der Chef der Präsidialgarde, Xhait Xhaferri, machte sich auf den Weg in die Türkei. Er hatte die Einsätze von Truppen, die auf Befehl Berishas im aufständischen Süden des Landes wieder „Ordnung“ schaffen sollten, geleitet. Damit die Fluchtbewegung nicht so weitergeht, ist die Polizei nun angewiesen worden, entsprechende Kontrollen am Flughafen und an den Grenzen vorzunehmen. Barbara Oertel

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