piwik no script img

BSR saniert Deponien statt den Haushalt

■ Die Stadtreinigung verbucht für 1996 einen Verlust von 54 Millionen Mark und vermeidet damit eine Überweisung an die Landeskasse. 170 Millionen Mark werden statt dessen in die Rücklagen geschaufelt

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) könnte Millionen an die leere Landeskasse überweisen – sie tut es aber nicht. Im soeben veröffentlichten Geschäftsbericht für 1996 weist die Müllfirma einen Verlust von 54 Millionen Mark aus. Durch die roten Zahlen vermeidet die landeseigene BSR die bei Gewinn fällige Zahlung an Finanzsenatorin Annette Fugmann- Heesing (SPD) und stockt lieber ihre Rücklagen auf.

Die BSR erklärt die Zurückhaltung mit ihrer Angst vor den Altlasten der Zukunft: „Rund 170 Millionen Mark mußten wir für die spätere Sanierung der Mülldeponien in Brandenburg zurücklegen“, erklärt BSR-Sprecherin Sabine Thümler. Dafür kalkuliert die Stadtreinigung mindestens 700 Millionen Mark ein. Einen großen Teil des notwendigen Geldes hat die BSR jedoch jetzt schon zusammen. Der Geschäftsbericht verzeichnet „Rücklagen“ von 558 Millionen Mark für die „Sanierung von Deponien und anderen Grundstücken“.

So hätte es im vergangenen Jahr ausgereicht, eine viel geringere Summe als 170 Millionen Mark auf das Rücklagenkonto zu überweisen. Schließlich soll die Sanierung der vollen Deponien erst 1999 beginnen und bis zum Jahr 2005 dauern. Bis dahin wäre genug Zeit vorhanden, die Rücklagen langsam der notwendigen Summe von 700 Millionen Mark anzunähern. „Die wehren sich auf kaltem Wege, ihren Beitrag zur Konsolidierung zu erbringen“, kommentiert die bündnisgrüne Finanzexpertin Michaele Schreyer.

„Wir würden ja gerne zahlen“, verteidigt sich BSR-Sprecherin Thümler. Doch die Rücklagen reichten nicht aus. Von den zurückgelegten 558 Millionen Mark müsse die BSR auch einige der alten Betriebshöfe im Ostteil sanieren.

Im übrigen habe sich das Land den BSR-Verlust selbst zuzuschreiben, so Thümler. Denn die Erhöhung der Müllgebühren sei nicht zum Sommer 1996, sondern erst zum Januar 1997 genehmigt worden. Die höheren Gebühren will die BSR für die Sanierung der Deponien Wernsdorf, Schwanebeck, Schöneicher Plan, Schöneiche und Vorketzin verwenden.

Indem die Stadtreinigung große Summen auf ihre Rücklagenkonten schaufelt, entzieht das Unternehmen, in dessen Aufsichtsrat Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) sitzt, das Geld dem Zugriff des Senats. Der hatte im vergangenen Jahr beschlossen, daß die landeseigenen Firmen wie Wasserbetriebe, Gasag und BSR zur Finanzierung des Landeshaushalts beitragen sollen. Der Senat erwartet zumindest die Verzinsung des öffentlichen Kapitals, das in den Betrieben steckt. Bei der BSR ist der Landesanteil 600 Millionen Mark wert. So wäre eine Verzinsung von mindestens 30 Millionen zugunsten des Landes fällig gewesen.

Nicht nur für 1996, auch für 1997 will die Stadtreinigung 170 Millionen Mark in die Rücklagen schieben. Erst zum Jahr 2000 planen die Müllkutscher, „wettbewerbsfähig“ zu sein und Geld an die Staatskasse zu überweisen. Hannes Koch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen