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Haar in der Suppe

■ betr.: „Wo bleibt der kritische Blick?“, taz vom 24.6.97

Das journalistische Konzept der taz, sich mit Heinrich Breloers „Todesspiel“ auseinanderzusetzen, scheint auf den ersten Blick schlüssig: Hier Klaudia Brunsts medienkritischer Blick auf Stellenwert und Machart von Heinrich Breloers dokumentarischem Fernsehspiel, dort der politisch kritische taz-Blick von Petra Groll auf ein Stück „linker Geschichte“.

Aber: Zwei Details, die bei Petra Groll Groll erzeugten, reichen doch tatsächlich als Futter für die großspurige Titelung nach „Bild- Zeitungsmanier“: „Wo bleibt der kritische Blick? – Wichtige Zeitzeugen hat Regisseur Heinrich Breloer schlicht unterschlagen.“ Eine faktenhuberische Pingelei um den Standort des Kinderwagens bei der Entführung Schleyers und die Unterstellung, Breloer habe Knut Folkerts „gar nicht erst kontaktiert“, reichen offenbar aus, um die Solidität des Ganzen in Frage zu stellen. Eine Recherche von Frau Groll hätte schnell geklärt, daß Knut Folkerts auf einen Interviewwunsch nicht eingegangen ist.

Mein Fazit: Das ist offenbar taz- light-Journalismus. Wenn alle einen herausragenden Film mit Lob und Anerkennung überziehen, muß man krampfhaft ein vermeintliches Haar in der Suppe zu finden versuchen, um mit tiefster Überzeugung das ganze Menü madig machen zu können. Gebhard Henke, Stellv. Leiter

WDR-Fernsehspiel, Köln

Ein Aspekt, der mir als zumindest des Fragens würdig aufgefallen ist, blieb dabei leider unbeachtet: Als die GSG 9 die „Landshut“ gestürmt hat, flogen im Mittelgang des Flugzeugs reichlich Kugeln, von denen die beiden Entführer und S. Andrawes getroffen wurden. Danach öffneten die GSG-9er eine Tür oder einen Vorhang. Dahinter stand die zweite Entführerin. Sie war unbewaffnet und wehrlos. Die GSG-9er knallten sie dennoch mit mindestens einer Salve ab. Hat Breloer Anhaltspunkte dafür, daß es sich tatsächlich so zugetragen hat?

Gemeinhin trägt eine solche Tat mindestens die Bezeichnung Totschlag. Vielleicht handelt es sich auch um Mord. Nur weil der uniformierte Herr, der Wischnewski mitgeteilt hat, er wünsche keine Gefangenen, durfte die GSG 9 so „reinhalten“? Oder darf man vielleicht 20 Jahre danach freundlich anfragen, welcher Staatsanwalt sich mit dem Geschehen befassen und den/die Schuldigen – gegebenenfalls Herrn Wegener, der von Wischnewski freie Hand bekommen hatte, was diesen auch nicht gerade zum Unschuldslamm macht – benennen will? Richard Kelber, Dortmund

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