: Nostalgie zum Nulltarif
■ Zwei Bands begaben sich auf eine Reise in die Vergangenheit
Am Donnerstag spielten in der Reihe Stagebox im Modernes Sir Raven's Headmachine aus Bremen und die Mandra Gora Lightshow Society aus Hannover, zwei Bands, die in der Geschichte der Popmusik weit zurückgreifen: Die Headmachine eher als eine hart rockende Band, Mandra Gora Lightshow Society mit einem eigens abgestellten, für visuelle Effekte zuständigem Team und einer durchkonzipierten psychedelischen Performance. Etwa dreihundert Leute sorgten diesmal gleichmäßig verteilt dafür, daß die Musiker nicht vor gähnender Leere aufzuspielen hatten, wie es bereits einige Bands in der Stagebox beklagen mußten.
Die beiden Bands sind zumindest im norddeutschen Raum nicht mehr unbekannt und hatten durchaus ihr jeweils eigenes, angemessen begeistertes Publikum mitgebracht. Sir Raven's Headmachine – stilecht mit langen Haaren, Stirnbändern und liebevoll choreographiertem Hochreißen der Gitarrenhälse – spielten als erste Band. Horst Wagner alias Sir Raven übte sich in beschwörerischen Posen, die ebenso an Jim Morrison denken ließen wie die schwarze Lederhose und der rauhe Blues-Gesang. Kaum noch gebräuchliche Gitarreneffekte wie die Mouthbox kamen zum Einsatz, es gab lange Gitarrensoli über einem einzigen, zwanzig Minuten lang repetierten Riff, während dessen der Frontmann sein Publikum vom Schlagzeugpodest herunter anfeuerte – kurz, es war wie in einem deutschen Jugendfreizeitheim Mitte der siebziger Jahre. Einzig das Alter der Akteure überschritt das der musizierenden Rock-Fans jener Zeit, da wäre ein echter Frontmann natürlich vom Podest gesprungen, und nicht an der Seite heruntergeklettert. Und wenn Sir Raven den Spiritual Advisor besang, dann war das pure Nostalgie und Schwelgen in der Historie.
Der Auftritt der Mandra Gora Lightshow Society wirkte zwar auch wie eine Reise durch die Zeit, war aber gleichzeitig künstlerisch wesentlich ambitionierter. Inspiriert von frühen Krautrockbands und anderer Musik der späten sechziger und frühen siebziger Jahre, musizieren Anders Becker, Martin König und Willem Kucharzik nach einer Maxime von Syd Barrett. Psychedelic sei keine zu erklärende Spielart, sondern eine Haltung den Dingen gegenüber. Zurückhaltend auftretend spielten sie ihre ausladenden Kompositionen, während der „Enchanted Garden Of Lights“auf die Leinwand hinter ihnen aus Filmschnipseln, bunten Bläschen und mythologischen Darstellungen einen farbenfrohen Teppich legte.
Das gefiel nicht allen Anwesenden. Anscheinend waren der Gefolgschaft der Headmachine die sanft blubbernde Psychedelik und die orgelnde Paisley-Ästhetik nicht handfest genug. Andreas Schnell
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen