: Keine Herzenswärme für den Ossi
■ In Hof (Bayern) werden ostdeutsche Menschen mit Hetzblättern verunglimpft. Der Stadt ist das sehr peinlich. Staatsanwalt ermittelt
Berlin (taz/dpa) – Nach der Maueröffnung wurden sie mit handgemalten Transparenten begrüßt. Doch was müssen sie sich heute bieten lassen? Hetzflugblätter! Für die Ostdeutschen ist es im ehemaligen Grenzstädtchen Hof ungemütlich geworden. Hinter den Scheibenwischern ihrer Autos in dem ehemaligen DDR-Grenznest finden sich seit Wochen Flugblätter der taktlosen Art.
„Hallo Ossis“, beginnt der Text recht harmlos und entpuppt sich doch als waschechte Schmähschrift gegen die aufrechten Bürger aus den neuen Bundesländern. „Erstens habt Ihr gar nichts zu fordern, sondern das Maul zu halten und darüber froh zu sein, daß man Euch unterstützt. Besser wäre es, wenn Ihr Euch aus eigener Kraft aus Eurem hinterlassenen Saustall herausarbeitet.“ Soweit ein kurzer, doch trauriger Auszug.
Doch damit nimmt der Schimpf kein Ende: Nach der Grenzöffnung hätten die Ostdeutschen Begrüßungsgeld kassiert und dann den Westbürgern Arbeitsplätze geklaut. Das selbstverständlich anonyme Flugblatt schließt mit dem innigen Wunsch, die Mauer wieder hochzuziehen – und zwar „noch zehn Meter drauf“.
Der Stadt übt sich in offiziöser Betroffenheit. In einem offenen Brief wandte sich Oberbürgermeister Dieter Döhla (SPD) an die „Nachbarn in Thüringen und Sachsen“ und entschuldigte sich brav für die „verblendete Hetzkampagne“. Und versprach Reue. Eine Unterschriftenaktion unter dem Motto „Wir wollen gute Nachbarn sein!“ soll hierbei behilflich sein.
Die Staatsanwaltschaft versteht den emotionalen Ausbruch völlig humorfrei – und ermittelt wegen Volksverhetzung gegen Unbekannt. ank
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