: Kunstprovinz gegen Ateliergruppe 3:0
■ Wo die Begriffe schwammig bleiben: Die Oldenburger KünstlerInnengruppe „Pallas“gibt nach zehn Jahren auf
„Kunstprovinz – Provinzkunst“war der Titel einer Ausstellung, mit der die Oldenburger Künstlergruppe „Pallas“1987 für Aufsehen sorgte. Bernd Hinzelmann, Eckard Dörr, Dieter Härtel und seit 1988 auch Etta Unland versuchten mit ihrer Ateliergemeinschaft und Produzentengalerie nicht nur, der Gefahr der Eigenbrötlerei zu entgehen, sondern die Kulturpolitik der Residenzstadt aufzubrechen und für kunstfreundliche Strukturen zu streiten. Doch die Kunstprovinz erwies sich letztlich als hartnäckig und verliert somit ihr Potential: Die Gruppe des Atelierhauses löst sich jetzt auf.
Bernd Hinzelmann und Rüdiger Barhahn – der 1992 für Dieter Härtel zur Gruppe stieß – zieht es in den Kölner Raum. Als Höhe- und Endpunkt werden die aktuellen Arbeiten der KünstlerInnen seit vergangenen Sonntag im Oldenburger Stadtmuseum gezeigt. Beinahe eine posthume Würdigung also, will man denn zynisch kommentieren.
Aber mal ehrlich: Horst Jannsen mußte Oldenburg gegen das weltoffene Hamburg eintauschen, um schließlich den gewichtigen Namen zu haben, mit dem Oldenburg ab 2000 ein ganzes Museum schmücken will, posthum. Die Gelder dafür gehen den zeitgenössischen Künstlern der Stadt potentiell verloren. Dabei schien sich 1992 eine Wende in der Kunstförderung der Stadt abzuzeichnen: aus den beengten Bedingungen der Kurwickstraße konnte die Gruppe des Atelierhauses ein ehemaliges Manufakturgebäude in der Sonnenstraße beziehen: Stadt und Land sponserten den Umbau, ein städtischer Zuschuß von 16-18.000 Mark jährlich sicherte mehr als ein Drittel der Mietkosten der großzügigen Räume. Doch ein Forum für ihre Kunst fehlte: Galerien sind rar und – abgesehen von der früheren „Galerie im Lambertihof“– eher auf Formate ausgerichtet, die man sich nett ins Wohnzimmer hängen kann. Und auch diverse Kunstforen versammelten doch eher alles, was sich zu Pinsel und Meißel berufen fühlt.
Das zeugt von einem recht schwammigen Qualitätsbegriff, dem nun die KünstlerInnen zum Opfer fallen, deren Werke sich halt nicht auf deN ersten Blick erschließen.
Gerade Etta Unland und Eckard Dörr, die in Oldenburg bleiben, haben trotz dieser Widerstände ihre Eigenwilligkeit bewahrt, in ständiger Zwiesprach innerhalb der Gruppe weiterentwickelt und mit ihrer Beharrlichkeit Blickwinkel geöffnet, die leise und stetig auch in Oldenburg ihr Publikum fanden.
Es sind Grenzlinien, die die beiden äußerst sensibel aufspüren: der Übergang von einem Seinszustand in den anderen, also vom Leben zum Tod, der sich auch manifestiert an der Naht von Natur zu Kultur.
Dabei ist Etta Unland derzeit die Überzeugendere. Vor fünf Jahren verließ sie das gewohnte Terrain der Leinwand und schürfte im Moor nach den Urgründen unseres Daseins. Sie versuchte diese Erfahrung künstlerisch zu übersetzen. Doch die Naturmaterialien hielten den Anforderungen an Kunst - dauerhaft Museen zu füllen etwa - nicht stand: sie zerfielen. Nun sind es Kunststoffe, mit denen sie arbeitet: Glasfaser und Kunstharz. Sie enthüllen das, was die Naturmaterialien substanziell in sich trugen, und in der Gestaltung doch als dauerhafte Aussage verwehrten: den Verweis auf ihren Ursprung. Diese Kunstobjekte nun lösen die Intention der Künstlerin erst ein: Die Spur der Sinnlichkeit blitzt als Erfahrung unserer Naturhaftigkeit durch deren kulturelle Überformung auf. Ein uns allen innewohnender Widerstreit wird in diesen Arbeiten erlebbar. Verstörend. Kunst also, die eigene Räume braucht. mig
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