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Dolly soll sich bezahlt machen

Mit der gleichen Technik, mit der sie Schafe klonen, wollen schottische Genbastler den Weltmarkt für Blutkonserven aufrollen  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Engpässe bei der Versorgung mit Blutkonserven werden der Vergangenheit angehören, wenn man der euphorischen Ankündigung eines schottischen Geschäftsmannes glaubt. Die mit der Transfusionsmedizin befaßten Ärzte sind jedoch skeptisch, ob das menschliche Blut so leicht zu ersetzen sein wird.

Die Firma PPL Therapeutics in Edinburgh unterstützt seit langem die Klonforschung des berühmten Roslin-Instituts im schottischen Midlothian. Spektakulärstes Ergebnis bisher war das Schaf Dolly, das mit Hilfe der Biotechnik die genetisch exakte Kopie eines anderen Schafes ist und am Wochenende seinen ersten Geburtstag feierte.

Laut Ron James, dem Chef von PPL, wird es „in wenigen Monaten“ gelingen, menschliches Erbgut auf Schafs- oder Kuhzellen zu kopieren. Danach sollen die Tierzellen, die für die Erzeugung des Blutplasmas zuständig sind, die entsprechende Erbinformation des Menschen tragen. In der Milch sollen dann Eiweißstoffe, Gerinnungsfaktoren und sogar Antikörper des menschlichen Blutes enthalten sein. Schafe oder Kühe könnten laut Ron James auf diese Weise etwa die 10.000fache Menge an Plasma erzeugen wie ein durchschnittlicher Blutspender.

Mit dem Klonen von Menschen habe das alles nichts zu tun, meint Ron James laut der britischen Zeitung Observer. Trotzdem wird menschliches Erbgut dabei vervielfältigt und – wenn's klappt – in ganzen Herden von Tieren weiterleben. Was das Immunsystem der Wiederkäuer zu den Plasmazellen mit menschlichen Genen und den fremden Eiweißen in den Eutern sagt, dazu war bis Redaktionsschluß keine Stellungnahme der schottischen Forscher zu erhalten.

Die Reaktionen von Medizinern auf das Versprechen von praktisch unbegrenzten Mengen an Blutplasma waren unterschiedlich. „Ich habe große Zweifel, ob das funktioniert“, meint Claus Maurer, Vorsitzender des Bundesverbandes der Transfusionsmediziner. Im Blut schwämmen immherhin 30 bis 40 verschiedene Eiweiße. „Die sind zwar nicht alle für den Plasmaersatz nötig“, so Maurer, „aber dann gibt es auch noch eine Anzahl von Gerinnungsstoffen.“ Auch der Leiter des Blutspendendienstes am Zentralinstitut für Transfusionsmedizin in Hamburg, Volker Müller, hielt es gestern im NDR für „eine Spekulation“, daß solches PLasma für Menschen verträglich sei.

Die Ethik-Kommission der Britischen Medizinischen Gesellschaft hingegen sieht die Möglichkeit, daß die Genmethode den Medizinern den Nachschub an dem „lebenswichtigen Produkt“ sichert, und sieht auch keine ethischen Probleme dabei. Auf jeden Fall müssen vor einer Zulassung als Arzneimittel noch jahrelange Tests in Labor und Klinik durchgeführt werden.

PPL-Geschäftsführer James sieht trotzdem schon bis zur Hälfte des jährlich neun Milliarden Mark schweren Weltmarktes für Blutplasmaprodukte durch die neue Methode versorgt. Deutsche Firmen im Plasma-Business warten noch ab: Einen „ganz neuen Ansatz“ nennt ein Sprecher der Hoechst-Tochter Centeon in Marburg die Methode des Roslin-Instituts. Schon bisher hätte es Plasmaprodukte aus biotechnologischer Herstellung gegeben. Die aber waren teurer als solche aus menschlichem Blut.

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