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Im Internet Geschäfte machen

29 europäische Staaten einigen sich auf eine „Bonner Erklärung“ über die Geschäftsbedingungen für Firmen im Cyberspace  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Mit dem Handel im Internet soll es auch in Europa vorangehen. Auf der Bonner Konferenz zur kommerziellen Zukunft des Internets einigten sich die anwesenden 29 europäischen Regierungen und Unternehmen darauf, daß einheitliche Geschäftsbedingungen im Internet anzustreben sind. Waren, die via Internet bestellt werden, sollen danach überall gleich besteuert werden, egal woher sie kommen. Neue Steuern auf den Dienstleistungsverkehr im Internet werden ausgeschlossen. Konkrete Regelungen wollen Europäer und ihre Gäste aus den USA, Japan und Kanada im Rahmen einer OECD-Sonderkonferenz im Sommer 1998 in Kanada und in den Gremien der Welthandelsorganisation WTO vereinbaren.

Streit hatte es bis zuletzt um die Frage gegeben, ob staatliche Stellen auf die verschlüsselten Daten wirtschaftlicher Transaktionen Zugriff haben sollten, ob also beispielsweise Polizei und Staatsanwaltschaft im Verdachtsfall bei Bestellungen mitlesen dürfen. Die USA, Frankreich und auch Bundesinnenminister Manfred Kanther wollen die Verschlüsselung von Geschäftsdaten im Internet möglichst verhindern oder zumindest erreichen, daß die Verschlüsselungsprogramme bei staatlichen Stellen hinterlegt werden. Frankreich hat die Verschlüsselung sogar explizit verboten. Dagegen wehrt sich die Industrie, unterstützt von den Wirtschaftsministern der meisten europäischen Staaten und der EU-Kommission.

In der Bonner Erklärung heißt es nun, für die wirtschaftliche Entwicklung des Internets sei eine der wichtigsten Voraussetzungen „die Verfügbarkeit ausgefeilter Verschlüsselungstechnologien für den elektronischen Handel“. Deshalb wollen die europäischen Minister daran arbeiten, solche Verschlüsselungstechnologien international verfügbar zu machen.

Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt hatte sich im Gegensatz zu seinem Kollegen im Innenministerium dafür ausgesprochen, daß Firmen, die das Netz nutzen, ihren Datenverkehr ohne staatliche Reglementierung verschlüsseln dürfen. Rexrodt und die europäischen Freihändler hatten bei der Bonner Konferenz die 80 Spitzenvertreter der Computer- und Kommunikationsindustrie auf ihrer Seite. An ihrer Spitze Telekom-Chef Ron Sommer: „Unsere Vision des elektronischen Handels wird nur dann Realität werden, wenn man den Nutzern bei der Übermittlung und Verarbeitung ihrer Daten absolute Sicherheit garantieren kann. Dies bedeutet in der Praxis, daß starke Verschlüsselungssysteme zum Schutz vertraulicher Daten nicht durch Auflagen wie die Pflicht zur Schlüsselhinterlegung geschwächt werden dürfen.“

Ähnlich hatten sich zuvor auch George Vradenburg, Vizepräsident des weltgrößten Online- Dienstes AOL, und Klaus Mangold, Chef der Daimler-Benz-Servicetochter debis, geäußert. Im vergangenen Jahr seien im Internet Geschäfte über drei Milliarden Mark abgewickelt worden. Im Jahr 2000 sollen es schon 80 Milliarden sein, hieß es auf der Konferenz.

Die Bonner Erklärung mit ihren 69 Unterpunkten ist das eine, die Kommunikationspraxis das andere. In der Praxis hatten die Internet-verantwortlichen Minister und die Industriechefs mit dem freien unkontrollierten Fluß von Informationen in Bonn nämlich so ihre Probleme. So sollte den in Bonn anwesenden Journalisten zunächst der Zugang zur Eröffnungsveranstaltung der Konferenz verweigert werden. Es habe eines Sit-ins bedurft, berichtet die Financial Times pikiert, um Zugang zu den heiligen Hallen zu erhalten. Dann hätten die Kopfhörer für die Simultanübersetzung gefehlt, und schließlich stellte sich heraus, daß der deutsche Text der Rede von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt vom englischen Text deutlich abwich. Im englischen Text fehlte gerade die Passage, in der es um den Streit bei den Verschlüsselungsprogrammen ging.

Und das Europäische Medieninstitut hat vor wenigen Monaten eine Studie veröffentlicht, nach der im Westen Deutschlands heute zwei Prozent der Schulen Kindern einen Zugang zum Internet gewähren. Auf einen Computer kämen 63 Kinder. In den USA bieten 70 Prozent der Schulen Internet-Zugang. 6,3 Millionen PCs standen den US-Schülerinnen und -Schülern zur Verfügung – einer für jeweils sieben Kinder.

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