: Deutsche bei der ETA?
Renate Heike Schubbert stellt sich dem Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Die 33jährige soll für baskische ETA gearbeitet haben ■ Aus Madrid Reiner Wandler
Nach dreimonatiger Flucht gab Renate Heike Schubbert auf. Die 33jährige Frau aus Wiesbaden, die wegen ihrer mutmaßlichen Zugehörigkeit zu der baskischen Separatistenorganisation ETA per internationalem Haftbefehl gesucht wurde, stellte sich am Dienstag nachmittag dem BKA und wurde in das Frankfurter Frauengefängnis Preungesheim überstellt. Schubbert wird vorgeworfen, zusammen mit ihrem ebenfalls deutschen Lebensgefährten Fritz Gary Siemund eine Wohnung in Madrid angemietet zu haben, die dem ETA-Kommando als Unterschlupf diente.
Das Versteck im gutbürgerlichen Stadtteil Barrio de la Concepción flog auf, nach dem am 14. April diesen Jahres aus Versehen eine Zünder explodierte und die aufgeschreckten Nachbarn die Polizei verständigten. Als diese in die Wohnung eindrang, war das Kommando bereits geflüchtet. Waffen, Sprengstoff und unzählige Dokumente hatte es jedoch zurücklassen müssen. Der Mietvertrag lautete auf den Namen von Schubbert und Siemund.
Fritz Gary Siemund stellte sich nur 72 Stunden nach der Explosion der deutschen Polizei, nachdem er aus der taz erfahren hatte, daß ihn die spanische Justiz zur Fahndung ausgeschrieben hatte. Der 33jährige konnte nachweisen, daß er sich zum Zeitpunkt der Explosion im ETA-Versteck nicht, wie von den spanischen Ermittlern behauptet, in Madrid, sondern in Wiesbaden aufgehalten hatte. Sein Alibi ließ das gesamte Ermittlungsergebnis, nach dem sich das Kommado in einem Pkw mit deutschem Kennzeichen ins Baskenland abgesetzt haben soll, wie ein Kartenhaus zusammenstürzen.
Obwohl die spanischen Ermittler zuerst den Verdacht in Umlauf brachten, Schubbert und Siemund könnten aus der Erbmasse der vor geraumer Zeit aufgelösten RAF stammen, liegen weder beim BKA noch bei der hessische Polizei Erkenntnisse über sie vor. Beide lebten völlig legal im Wiesbadener Stadtteil Sonnenberg. Spanischen Zeitungen zufolge sollen sich beide 1990/1991 erstmals in der Baskenland-Solidarität engagiert haben, als sie an der allweihnachtlichen Demonstration zum Gefängnis in Herrera de la Mancha in Zentralspanien teilnahmen.
Die beiden mutmaßlichen deutschen Etarras, die jeglich Aussage verweigern, müssen jetzt mit einem Verfahren wegen „Vorbereitung eines Sprengstoffanschlages und Verstoß gegen das Waffen- und Sprengstoffgesetz“ rechnen – Delikte, die mit einer Strafe von sechs Monaten bis fünf Jahren bestraft werden.
Die ETA-Mitgliedschaft als solche wird laut dem Sprecher der Wiesbadener Staatsanwaltschaft, Wolfgang Greth, von der deutschen Justiz nicht geahntet, da die baskischen Separatisten in Deutschland nicht aktiv sind. Eine Auslieferung nach Spanien ist nach deutschem Recht ebenfalls ausgeschlossen. Bonn übergibt grundsätzlich keine seiner Staatsbürger an ausländische Behörden.
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