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Auftrieb in Ghana

■ Verein schickt notorische Schulschwänzer aus Bremen zum Lernen und Arbeiten nach Afrika

Alle zwei Jahre läuft in der Kreisstadt Sandema im Norden Ghanas das Volk zusammen und begrüßt zwölf Jugendliche aus Bremen und Niedersachsen samt ihren Betreuern. Sie kommen nicht, um hier Urlaub zu machen, sondern um zu arbeiten. Beim letzten Mal hinterließen sie einen Kindergarten; in diesem Herbst wollen sie eine Tischlerei bauen. Auch eine Schmiede für Ochsenpflüge haben sie schon gebaut.

Seit 1979 verbindet die „Reisende Werkschule Scholen“die Arbeit mit notorischen Schulschwänzern (neudeutsch: „Schulverweigerer“) mit Entwicklungshilfe. Jetzt stellte der Verein im Bremer Überseemuseum sein neues Projekt vor.

„Reisen, Werken, Schule“– so läßt sich das Konzept zusammenfassen. Über das Jugend- oder Schulaufsichtsamt werden Jugendliche, die oft seit Monaten nicht mehr regelmäßig zur Schule gehen, vermittelt. In zweijährigen Kursen werden sie dort unterrichtet und vor allem speziell auf den etwa dreimonatigen Aufenthalt in Ghana vorbereitet. Dort arbeiten sie dann zusammen mit ghanaischen Jugendlichen. Am Ende des Kurses steht nach der Rückkehr der Hauptschulabschluß.

Das Resultat kann sich sehen lassen: „In 19 Jahren ist nur einer durchgefallen“, sagt Mitarbeiter Michael von Studniz. 50 Prozent brechen allerdings innerhalb des ersten Jahres ab. Die übrigen werden auch später nachbetreut.

Mit dem Versuch, Völkerverständigung, Entwicklungshilfe und Sozialarbeit zu verbinden, begeben sich die Initiatoren auf ein heißes Pflaster: Noch im Herbst 1996 geriet ein Berliner Verein in die Schlagzeilen, der im Rahmen einer sogenannten „Erlebnispädagogik“mit dubiosen Methoden und für immens viel Geld straffällige Jugendliche nach Costa Rica verschiffte und dort offenbar ziemlich alleine ließ. „Es gibt sicher Fälle des Exports von Wohlstandsverwahrlosung“, sagt auch von Studniz. „Gut vorbereitet machen Auslandsaufenthalte aber Sinn“.

Den Ertrag des Projekts für die ghanaische Seite bestätigt jedenfalls der dortige Sozialarbeiter Pascal Ayaric. „Die Leute wissen, daß es alle zwei Jahre möglich sein wird, eine ihrer Ideen zu verwirklichen“, sagt Ayaric. „Das gibt Auftrieb“. Und nicht nur das: Seit die Norddeutschen regelmäßig anreis- ten, sei auch das Bild der Weißen der einheimischen Bevölkerung ein anderes geworden: „Früher wurde der entweder als Halbgott oder als Symbol westlicher Brutalität betrachtet und heute als ganz normaler Mensch.“

Die Jugendlichen selbst sind oft anfangs sehr skeptisch. „Ich habe eigentlich nicht unbedingt nach Ghana gewollt“, sagt Jasmina, die mit 15 dort war. Dann sei es aber „ganz toll“gewesen. „Das Leben, das Essen, die Kultur, alles ist dort anders. Und hier weiß man nichts darüber.“Jasmina lebt heute in Bremen. Nach ihrer Rückkehr hat sie eine Lehre als Schneiderin gemacht. jago

Die Reisende Werkschule sucht noch dringend Werkzeug für die Tischlerei in Sandema – es darf auch ganz altes sein. Tel. 04245/717

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