Sumpfige Spielwiesen

■ Moorfrosch-Männchen laufen blau an vor Gier, und der Senat zeigt Verständnis: Naturschutzgebiet Wittmoor wird ausgeweitet

Die Männchen sind knusprig-braun. Und wenn sie sich um eine Partnerin bemühen, grundsätzlich blau. Klingt nach Mallorca? Lloret? St. Peter? Alles falsch: Im Wittmoor, im Norden Hamburgs, laufen die Moorfrosch-Männchen in der Balzzeit vor Gier blau an. Und der Senat zeigt Verständnis. Er hat gestern beschlossen, die Spielwiese der schmachtenden Amphibien und etlicher Rote-Liste-Arten auszuweiten.

Bisher standen knapp zwei Quadratkilometer südwestlich von Duvenstedt unter Naturschutz, davon zwei Drittel auf Schleswig-Holsteiner Gebiet. Auf Betreiben der Hamburger Umweltbehörde hat der Senat das Gebiet um eineinhalb Quadratkilometer erweitert. Mit der Ausweisung als Naturschutzgebiet gelten diverse Nutzungsverbote. So dürfen Landwirte in dem Gebiet beispielsweise keine Dünger und Pestizide einsetzen.

Die Landwirtschaftskammer hatte sich gegen die Ausweisung als Schutzgebiet gewehrt. Die Umweltbehörde versprach einen Ausgleich: insgesamt 15.000 Mark pro Jahr, so Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD), „hoch geschätzt“.

Das Wittmoor ist eines der letzten Hochmoore in Norddeutschland. Ursprünglich hinterließ ein Gletscher hier eine Senke. Das Gebiet versumpfte. Im Laufe von 8000 Jahren wuchs eine drei bis fünf Meter starke Torfschicht in die Höhe (daher der Name Hochmoor). Im und um das Moor gibt es heute alleine 370 verschiedene Pflanzenarten, darunter Orchideen oder den fleischfressenden Sonnentau.

Für das ausgeweitete Naturschutzgebiet interessiert sich auch die Stadtentwicklungsbehörde. Sie ist ständig auf der Suche nach Ausgleichsflächen für städtische Bauprojekte. Denn Eingriffe in die Natur müssen laut Naturschutzgesetz an anderer Stelle kompensiert werden. Ein Teil des neuen Schutzgebietes soll als Ersatz für die Erweiterung des Flughafens dienen.

„Ich wehre mich dagegen, daß schon die Ausweisung als Schutzgebiet als Ausgleich gilt“, so Vahrenholt. „Mit der Auweisung verändert sich ja noch nichts auf den Flächen. Erst in fünf oder zehn Jahren ist eine ökologische Aufwertung zu erwarten. Vorher kann ich das nicht als Ausgleich werten.“

Mit dem neuen Gebiet stehen sechs Prozent des Hamburger Gebietes unter Naturschutz – bundesweit der höchste Anteil. Mit den Flächenstaaten, gesteht Vahrenholt, sei der Wert kaum zu vergleichen. Eher mit Bremen und Berlin. In Bremen sind es vier, in Berlin zwei Prozent.

Achim Fischer