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Mit Waffen den Weg zur Versöhnung ebnen

Ein Jahr nach dem Putsch in Burundi spricht das Militärregime von Verhandlungen mit der Hutu-Guerilla. Noch aber herrscht Krieg, und die Sanktionen der ostafrikanischen Nachbarländer schaden vor allem der Zivilbevölkerung  ■ Von François Misser

Zwei Wochen vor dem Militärputsch vom 25. Juli 1996 sagte Burundis Verteidigungsminister Firmin Sinzoyehiba der taz: „Wenn die Nachbarländer gegen uns ein Embargo verhängen, wird die Armee als letzter leiden.“ Dann putschte die Armee, und die Nachbarländer verhängten ein Embargo – und die Putschisten sind immer noch an der Macht, und die Armee hat nicht gelitten.

Der bis heute amtierende Sinzoyehiba galt als der Architekt des Putsches, mit dem der seit 1994 amtierende Hutu-Präsident Sylvestre Ntibantunganya abgesetzt wurde und der Tutsi-Politiker Pierre Buyoya an seine Stelle rückte. Die von der Tutsi-Minderheit dominierte burundische Armee wollte freiere Hand im Kampf gegen die Guerillabewegung FDD („Kräfte zur Verteidigung der Demokratie“), die 1993 nach der Ermordung des ersten freigewählten burundischen Präsidenten Melchior Ndadaye, ein Hutu, zu den Waffen gegriffen hatte.

Schon vor dem Putsch sagte Sinzoyehiba, das Problem bei der Guerillabekämpfung bestehe darin, daß die Guerilla sich in der Bevölkerung bewege wie ein Fisch im Wasser. Inzwischen hat die Armee eine großangelegte Umsiedlungspolitik in Angriff genommen: Hunderttausende von Menschen, vor allem Hutu-Bauern, sind aus ihren Höfen in überwachte Lager nahe der großen Straßen gebracht worden, die heute sicherer sind als früher. Zugleich rekrutiert die Armee unter den Tutsi massiv Soldaten; dem Londoner Africa Confidential zufolge will Präsident Buyoya die Armee auf 100.000 Mann aufstocken – bis 1993 waren es 12.000. Der Verteidigungshaushalt stieg dieses Jahr um 70 Prozent. Zum Nationalfeiertag am 1. Juli erlebte Burundis Hauptstadt Bujumbura die größte Militärparade seiner Geschichte.

All das geschah trotz des Wirtschaftsembargos und dessen einschneidenden Auswirkungen. Der Export von Kaffee und Tee, der bislang 80 Prozent der Deviseneinnahmen Burundis ausmachte, kam zum Stillstand. Die Treibstoffimporte liegen bei einem Zehntel des Bedarfs, und nur noch die Armee verfügt über genügend Benzin. Seit Ende 1996 aber wächst der Schmuggel aus Ruanda und Tansania. Die Bierbrauerei Brarudi der niederländischen Heineken beendete das Jahr 1996 mit einer nur um 13 Prozent niedrigeren Produktion. Da diese Brauerei allein die Hälfte der burundischen Steuereinnahmen bestreitet, kann der Staat so die Beamtengehälter weiterzahlen. Textil- und Zuckerproduktion sind 1996 sogar gestiegen.

Das Embargo trifft inzwischen eindeutig die Falschen. Tausende von Menschen sind wegen des embargobedingten Medikamentenmangels an Typhus und Meningitis gestorben. Im Mai wütete unter den Viehherden Pneumonie. Zugleich nahmen aber in den ersten Monaten des Jahres private Fluglinien den Betrieb aus Bujumbura Richtung Kongo-Brazzaville, Angola und Dubai wieder auf, womit die Kaffee- und Teelager geleert werden konnten. Schon im Januar 1997 startete Sambia wieder den Fährverkehr über den Tanganjikasee nach Burundi. Auch der Sieg von Laurent Kabila in Kongo/Ex- Zaire hat Burundis Militärregime genützt. Burundi war für Kabila zu Beginn des zairischen Krieges wichtig, als der Transport von Banyamulenge-Rebellen und ruandischen Truppen in die zairische Provinz Süd-Kivu nur über burundisches Gebiet möglich war. Buyoya hat bereits Kinshasa besucht, und Mitte Juli verkündete Kongos Innenminister Mwenze Kongolo bei einem Besuch in Burundi die Öffnung der Grenze.

Am 16. April kündigten die ostafrikanischen Länder die Aufhebung des Embargos für Baumaterialien und Medikamente an, nachdem am 10. März Vorgespräche zwischen der Regierung und den FDD-Rebellen im italienischen St. Egidio begonnen hatten. Die Gespräche sollen in formelle Verhandlungen münden.

Doch eine eventuelle Versöhnung wird schwer. Radikale Tutsi halten die Hutu-Rebellen für Advokaten des Völkermordes nach ruandischem Muster, während die Rebellen sich selbst als Verteidiger der Demokratie begreifen. Hardliner in der Armee drohen jedesmal mit einem neuen Putsch, wenn die Regierung den Rebellen Konzessionen anbietet. Charles Mukasi, Führer der größten Tutsi-Partei, Uprona, erklärte am 27. Juni seine Bereitschaft zum „Bruch“ mit dem Regime, das „direkte Verhandlungen mit Völkermördern“ anstrebe. Der frühere Militärdiktator Jean- Baptiste Bagaza (im September 1987 von Buyoya in dessen erstem Putsch gestürzt) steht seit März unter Hausarrest – er war 1996 gegen den Putsch gewesen und verlangte statt dessen Gespräche mit allen Parteien, auch seiner eigenen, Parena, die ethnisch reine Hutu- und Tutsi-Staaten fordert. Mehrere seiner Anhänger wurden inzwischen verhaftet und gefoltert; einer davon, der pensionierte Oberstleutnant Pascal Ntako, starb am 11. Mai im Gefängnis.

Auch auf seiten der Hutu-Opposition gibt es Zerwürfnisse. Neben der andauernden Spaltung zwischen Anhängern und Gegnern des bewaffneten Kampfes soll es Anfang Juli zu Gefechten zwischen der FDD und der radikalen Hutu-Organisation Palipehutu gekommen sein. In den Augen der FDD ist die Palipehutu eine „ethnizistische“ Gruppe, die vom Regime infiltriert sei – ähnlich wie die Zulu-Partei Inkatha in Südafrika zu Zeiten der Apartheid. Wie auch immer: Der von der Regierung verkündete Friedensprozeß gestaltet sich extrem schwierig.

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