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Kirchenasyl für kurdischen Kriegsdienstverweigerer

■ Neun Monate lebte Seyit M. Genç in der Illegalität. SPD hielt nicht ihr Wort

Völklingen (taz) – Nach neun Monaten Illegalität ist gestern der kurdische Kriegsdienstverweigerer Seyit Mehmet Genç im saarländischen Völklingen wieder aufgetaucht. Die evangelische Versöhnungskirchengemeinde gewährt ihm Kirchenasyl. „Damit wollen wir Zeit für eine politische Lösung finden“, so Pfarrer Andreas Hämer. Genç kam vor fünf Jahren in die Bundesrepublik, bekannte sich öffentlich zu seiner Kriegsdienstverweigerung. Er wurde Mitglied der „Aktion Dritte Welt Saar“ und beteiligte sich an Demonstrationen für eine politische Lösung der Kurdistanfrage sowie gegen Manöver der Saarlandbrigade in der Türkei. In einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst bekannte er, Sypmathien für die PKK zu haben. Während alle anderen Mitglieder seiner Familie Asyl erhielten, sollte er im Oktober 96 aus dem Saarland in die Türkei abgeschoben werden. Er tauchte unter, denn Kriegsdienstverweigerung wird in der Türkei mit mehrjährigen Gefängnisstrafen geahndet.

Sein Fall beschäftigte bereits den saarländischen Landtag. Gemäß den Positionen des Rates der Europäischen Union sollte Kriegsdienstverweigerern und Deserteuren aus Kriegsgebieten Asyl gewährt werden, so ein Antrag der Bündnisgrünen. Der saarländische Innenminister Friedel Läpple (SPD) versprach in der Sitzung: „Ich werde niemanden abschieben, der wegen Kriegsdienstverweigerung und Desertieren mit schwerwiegenden Folgen zu rechnen hat.“ Anschließend stimmte er mit der CDU und den eigenen sozialdemokratischen Genossen gegen den Antrag. Mitte Juni ließ Läpple dann ein Kirchenasyl in Saarbrücken mit Polizeigewalt auflösen und schob ab. Erst nach 26 Tagen wurde der abgeschobene Familienvater in einer psychiatrischen Klinik in Istanbul gefunden. Das Thema Asyl bleibt der SPD Saar erhalten. Die Jusos kündigten an, auf dem nächsten Landesparteitag einen Antrag zur Anerkennung von Kriegsdienstverweigerung als Asylgrund zu stellen. „Die SPD muß ihre Asylpolitik ändern, sonst muß sie sich fragen lassen, was sie noch von der Law-and-Order-Politik eines Manfred Kanther unterscheidet“, so Carsten Klein von den Jusos Saar. Roland Röder

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