■ Kommentar: Tal der Ahnungslosen
DDR-WissenschaftlerInnen hatten früher herbe Schwierigkeiten, die notwendige Fachliteratur zu bekommen, um international mithalten zu können. Wegen der Devisenknappheit waren Westzeitschriften, wenn überhaupt, nur in wenigen Exemplaren vorhanden. Um aktuelle Bücher aus dem nichtsozialistischen Wirtschaftsgebiet zu lesen, brauchte man häufig gute Beziehungen. Der Giftschrank war groß. Wissenschaftlichen Höchstleistungen war dieser Mißstand nicht förderlich. Als die Computertechnik von japanischen und US-Firmen kleiner, billiger, schneller wurde und zum Sprung in die Haushalte ansetzte, entwickelte das Kombinat Robotron gerade den ersten „begehbaren Chip der Welt“, wie ein Ostwitz sich über die Dimensionen des Halbleiters lustig machte.
Die vorgebliche Kultur- und Wissensmetropole geht gerade einen ähnlichen Weg. Wieder einmal hat die Staatsbibliothek ihre Öffnungszeiten verkürzt. Nachdem die Uni-Bibliotheken – ebenfalls wegen Devisenmangel – schon kaum noch aktuelles Wissen bereitstellen können, kapituliert auch die Staatsbibliothek langsam, aber sicher vor den Sparmaßnahmen. Eine vertrauensraubende Maßnahme, um die überzähligen StudentInnen wegzuekeln? Schließlich will man die Studienplatzzahl bis 2000 um mindestens 30.000 senken. Wer trotzdem bleibt, sollte sich schnellstens mit einem Internetanschluß ausrüsten, um aus fernen Datenbanken das hier nicht vorhandene Wissen abzuzapfen. Berlin, eine Metropole der Wissenschaft und Forschung, wie es der Senat gerne hätte? Eher das Tal der Ahnungslosen am Rande der Republik. Hannes Koch
Siehe Bericht Seite 22
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