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Netanjahu spielt den Ahnungslosen

■ Israels Regierungschef will von Plänen für eine Siedlung in Ost-Jerusalem erst nach der Baugenehmigung erfahren haben

Jerusalem (taz) – Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu steht erneut im Zwielicht. Entgegen seiner eigenen Behauptung soll er über den geplanten Bau einer Siedlung in Ras al-Amud, mitten im arabischen Ost-Jerusalem, vorabinformiert gewesen sein. Innenminister Eli Suissa sagte am Montag abend im israelischen Fernsehen, er habe den Ministerpräsidenten bereits zwei Tage vor der öffentlichen Bekanntgabe über den Siedlungsbau informiert. Bei einer Besprechung verschiedener innenpolitischer Probleme habe er auch den Bauplan für Ras al- Amud erwähnt, so Suissa. Ein Sprecher Netanjahus hielt dagegen an der Erklärung fest, Netanjahu habe erst Donnerstag nacht aus Pressemeldungen von dem Bauprojekt erfahren.

Die oppositionelle Arbeitspartei hatte bereits am Sonntag unter Berufung auf Quellen in der Jerusalemer Stadtverwaltung behauptet, Netanjahu habe von dem Siedlungsbau gewußt und ihn abgesegnet. „Netanjahu spielt ein doppeltes Spiel“, sagte die Abgeordnete Dalia Itzik. Der Ministerpräsident habe die Veröffentlichung abgewartet, um dann so zu tun, als sei er gegen den Siedlungsbau. Die Jerusalemer Stadtverwaltung hatte den Bau von 70 Wohneinheiten für Juden in dem dichtbesiedelten arabischen Viertel am vergangenen Donnerstag genehmigt.

Das Innenministerium hat unterdessen die Baugenehmigung aufgrund eines Widerspruchs von zwei Abgeordneten der linken Meretz-Partei vorläufig außer Kraft gesetzt. Die Abgeordneten begründeten ihren Einspruch damit, daß der Bau den Friedensprozeß gefährde und die Infrastruktur in dem Viertel ungenügend sei. Über den Einspruch soll Anfang August entschieden werden.

Inzwischen hat auch das Amt für den Schutz von Altertümern Einwände gegen die Baupläne erhoben. In dem Baugebiet, das an den alten jüdischen Friedhof auf dem Ölberg grenzt, vermutet die Behörde eine Vielzahl von jüdischen Gräbern.

Der Investor für das Siedlungsprojekt, der US-Millionär Irving Moskovitz, hat in einem Zeitungsgespräch angeblich dementiert, von den Bauplänen Abstand genommen zu haben. Ein Siedlersprecher bezeichnete Moskovitz als „ideologisch sehr verpflichtet“. Er habe schon zahlreiche Siedlungen finanziell unterstützt, darunter Elon Moreh, Hebron und Kirjat Arba im Westjordanland sowie Gush Katif im Gaza-Streifen. Er habe auch zahlreiche Schecks für eine Gruppe ausgestellt, die Land im arabischen Ost-Jerusalem aufkaufe. Der Meretz-Vorsitzende Yossi Sarid beschuldigte Moskovitz, sein Geld in kalifornischen Spielhallen gemacht zu haben. „Und jetzt spielt er mit unserem Schicksal in Israel“, fügte Sarid hinzu.

Nach Angaben der Jerusalemer Stadtverwaltung hat Moskovitz das 14.000 Quadratmeter große Stück Land 1990 gekauft. Es sei aber schon vor über hundert Jahren in jüdischen Besitz gekommen. Nachdem Moskovitz eine Bauanfrage gestellt habe, sei 1992 der erste Bebauungsplan aufgestellt worden. Dieser habe vorgesehen, 560 Wohnungen für Araber und zugleich ein Wohnviertel für Juden zu errichten. Dieser Plan sei vom Innenministerium unter der damaligen Regierung der Arbeitspartei genehmigt worden.

Der Abgeordnete der Arbeitspartei, Yossi Beilin, erklärte dazu, man müsse unterscheiden zwischen den Genehmigungen, die vor, und solchen, die nach dem Oslo-Abkommen erteilt worden seien: „Bei der Unterzeichnung des Abkommens war klar, daß es keine großen Baumaßnahmen geben werde, weder in den Siedlungen noch in Jerusalem.“ Georg Baltissen

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