Sind Sie glücklich?: „Ich habe einen zu weichen Kern“
■ 11 Uhr, Wittenbergplatz. Patrick Schittenhelm fühlt sich ausgenutzt, weil er zu hilfsbereit ist. „Am glücklichsten war ich mit meinem ersten Hund“
„Sind Sie glücklich?“ will die taz wissen und hört sich täglich um 11 Uhr abwechselnd auf dem Wittenbergplatz und dem Alexanderplatz um.
Der 21jährige Patrick Schittenhelm: Ich bin im Moment nicht so besonders glücklich. Ein Freund hat mich vor kurzem enttäuscht, also vielmehr gesagt, er hat mich reingelegt, ganz mies. Er hat bei mir renoviert, und als die Hausverwaltung kam, hat er sich als Maler ausgegeben und dann einen Scheck von 900 Mark gekriegt. So was macht man nicht unter Freunden. Zum Glücklichsein gehört eine gute Kameradschaft. Zur Zeit bin ich arbeitslos. Ich komme aber mit der Sozialhilfe klar. Ich muß mich damit abfinden. Ich habe Gärtner gelernt, aber wegen gesundheitlichen Problemen abgebrochen. Ja, und das war's dann. Es gibt viele, die sagen: Wenn man sich wirklich bemüht, kriegt man auch was. Ich glaube das nicht so richtig. Die Scheiße ist, man wird ausgenutzt, wenn man immer hilfsbereit ist. Ich habe schon viele Enttäuschungen hinter mir, und irgendwo muß Schluß sein. Ich muß erst mal wieder selber zu mir finden. Am glücklichsten war ich, als ich meinen ersten Hund hatte. Das war ein Mischlingsweibchen, und irgendwie war die Bindung so stark, obwohl die Bindung zwischen mir und diesem Hund jetzt auch sehr stark ist, daß ich auch nach zweieinhalb Jahren noch nicht drüber hinweg bin, daß ich den anderen verloren habe. Damals wohnte ich bei jemandem, der hat mir nicht gegönnt, daß ich den Hund habe. Da mußte ich ihn weggeben. Glück ist, wenn man mit allem rundum zufrieden ist. Ich bin zum Teil mit mir unzufrieden. Daß ich nie richtige Freunde hatte und mich keiner ernst nimmt. Ich habe einen zu weichen Kern. Schon meine Geschwister haben mich nur gehänselt. Meine Eltern? Ich würde sagen, danke schön, daß ich auf der Welt bin. Barbara Bollwahn
Heute stehen wir auf dem Alexanderplatz.
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