■ Kommentar: Kirche im Teufelskreis
Das Sparpapier der evangelischen Kirchenleitung könnte aus der Feder von Finanzsenatorin Fugmann-Heesing stammen: von sinkenden (Kirchen-)Steuereinnahmen ist die Rede und von einschneidenden Sparmaßnahmen. Auch in der Bewältigung der Haushaltskrise unterscheiden sich Staat und Kirche nicht: Rückzug auf die Kernaufgaben lautet die Devise. Sämtliche kirchlichen Kitas sollen abgewickelt, soziale Aufgaben wie die Suchtkrankenhilfe und die Arbeitslosenbetreuung eingestellt werden. Auch politischen Projekten wie dem Flüchtlingsrat oder Aktion Sühnezeichen wird der Geldhahn abgedreht. So unumgänglich die Sparmaßnahmen insgesamt sein mögen – in einer Zeit, in der für soziale Aufgaben immer weniger staatliche Gelder zur Verfügung stehen, sind die Folgen fatal. Einer wachsenden sozialen Not stehen immer weniger Hilfsangebote gegenüber.
Doch auch die Kirche selbst gerät in einen Teufelskreis. Kirchenkritiker mögen frohlocken, daß sich die Kirche endlich auf ihre ureigensten Aufgaben beschränkt. Doch viele BürgerInnen, die noch nicht aus der Kirche ausgetreten sind, identifizieren sich mit ihr als sozialer Institution. Sie erwarten geradezu ein gesellschaftspolitisches Engagement. Das zeigt auch der Erfolg von Gemeinden, die ihre Räume für Ausstellungen, Asyl- oder Mieterberatung geöffnet haben. Der Rückzug der Kirche aus der Gesellschaft wird zu einem Legitimationsverlust führen, der die Kirche weiter schwächen wird. Denn so mancher könnte sich enttäuscht abwenden. Die Klientel, die nicht mehr erwartet als eine erbauliche Predigt am Sonntag, stirbt dagegen allmählich aus. Insofern könnte die Beschränkung auf die Kernaufgaben zu einer Aufgabe des Kerns führen. Dorothee Winden
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