: Politik der kleinen Schritte in Korea
Zwischen Nord- und Süd-Korea beginnen heute in New York nach 44 Jahren Waffenstillstand die ersten Vorgespräche über Friedensverhandlungen. Leichen von US-Soldaten übergeben ■ Von Sven Hansen
Berlin (taz) – Heute sollen an der New Yorker Columbia-Universität Vorgespräche über einen Friedensvertrag auf der koreanischen Halbinsel beginnen. An den Vier-Parteien-Gesprächen im Institut für internationale Angelegenheiten werden die stellvertretenden Außenminister von Nord- und Süd-Korea, der Vereinigten Staaten und der Volksrepublik China teilnehmen.
Die Gespräche waren im Juni vereinbart worden und sollen die Aufnahme offizieller Friedensgespräche vorbereiten. Es wird damit gerechnet, daß die Vorgespräche mindestens drei Tage dauern.
Geklärt werden sollen Ort, Datum und Tagesordnung künftiger Verhandlungen. Formale Gespräche um ein offizielles Ende des Koreakrieges (1950–1953) werden kaum vor den südkoreanischen Präsidentsschaftwahlen am 18. Dezember erwartet.
Zwischen Nord- und Süd-Korea herrscht seit Ende des Koreakriegs nur ein Waffenstillstand. Die Trennungslinie zwischen den verfeindeten Staaten, nur 30 Kilometer von der südkoreanischen Hauptstadt Seoul mit elf Millionen Einwohnern entfernt, gilt als die am schärfsten bewachte Grenze der Welt. Zuletzt kam es dort vor zwei Wochen zu Schußwechseln.
Der Koreakrieg mit drei Millionen Toten war der erste „heiße“ Krieg im Kalten Krieg. US-Truppen kämpften auf der Seite Süd- Koreas, China unterstützte den kommunistischen Norden. Noch heute sind in Süd-Korea 37.000 US-Soldaten stationiert.
Nach einem Bericht der Korea Times rechnet die südkoreanische Delegation nicht mit einer schnellen Einigung bei den Vorgesprächen. Es werde befürchtet, daß Pjöngjang Gesprächsfortschritte von höheren Getreidehilfslieferungen des Südens und der USA abhängig machen könnte, um die nordkoreanische Hungersnot zu lindern. Seoul und Washington lehnen dies ab.
Bereits letzte Woche hatte Nord-Korea angekündigt, den Abzug der US-Soldaten aus Süd-Korea auf die Tagesordnung setzen zu wollen. Am Sonntag hatte Radio Pjöngjang die Regierung in Seoul beschuldigt, Truppen an der Grenze zusammenzuziehen. Der Sender sprach von einer „ernsten Provokation“. Süd-Korea und die USA kündigten unterdessen gemeinsame Manöver an.
Gestern hat Nord-Korea am Grenzort Panmunjom der U.S. Army die Überreste von vier Leichen übergeben, die als im Koreakrieg gefallene US-Soldaten gelten. Die Leichen waren von amerikanischen Spezialisten entdeckt worden, die seit Juni erstmals in Nord-Korea nach Vermißten suchen dürfen. 8.100 US-Soldaten gelten noch als verschollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen