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Politik verpollert

■ Bürgerschaftswahl: Die Hamburger FDP will eine Koalition mit der SPD eingehen

Hamburgs FDP hält den Tramper-Daumen raus. Nach der Wahl im September möchten die Liberalen eine Koalition mit der SPD eingehen, erklärte gestern Parteichef Frank-Michael Wiegand. So will er eine rot-grüne Regierung verhindern. Die käme einem „Kolbenfresser im Wirtschaftsmotor Hamburgs“gleich, quasi einer „Verpollerung der Politik“.

Mit Vollgas argumentierte Wiegand weiter: „Rein rechnerisch“sei die Partei von Bürgermeister Henning Voscherau die einzig mögliche Koalitionspartnerin für die FDP. Denn auch nach der Wahl werde die SPD am politischen Steuer bleiben. „Diese Koalition ist eine Vernunftehe, keine Liebesheirat“, erklärte Wiegand.

Ob die Liberalen der Möchte-gern-Verbindung ihren Segen geben, klärt morgen abend ein außerordentlicher Landesparteitag. Der Landesvorstand hatte der Koalitionsaussage bereits am Montag zugestimmt. Auch in Bonn sei der Vorschlag „auf viele Sympathien gestoßen“, freute sich Frank-Michael Wiegand. Er forderte: Sollte die rot-gelbe Fahrgemeinschaft zustande kommen, darf Henning Voscherau im Bundesrat nicht länger gegen Steuersenkungen stimmen.

Daß eine Koalition auch der SPD dienen würde, daran zweifelt Wiegand nicht. Er und Voscherau hoch auf dem gelb-roten Wagen – das habe schließlich von 1987-1991 prima funktioniert. Zwei Jahre später, 1993, hatten die Liberalen dennoch keine Koalitionsaussage gemacht – und den Einzug in die Bürgerschaft mit 4,2 Prozent verfehlt. Der SPD-Landesvorsitzende Jörg Kuhbier gab sich hingegen erstaunt ob der liberalen Kooperationsbereitschaft. Schließlich habe die FDP seine Partei in den vergangenen Wochen stets attackiert.

„Die SPD braucht einen starken Partner“, glaubt Wiegand. „Wir werden die rote Bastion kräftig durchlüften.“Die FDP als Motoröl gegen den Kolbenfresser? Jedenfalls gegen mehr Steuern, sagte Wiegand. „Voscherau und ich werden eine konstruktive Arbeitsebene finden.“Und zwar ohne die ewige Bremse GAL. Um das zu erreichen, muß die FDP am 21. September jedoch erst mal durch den TÜV kommen. In jüngsten Umfragen liegen die Liberalen zwischen vier und fünf Prozent. Judith Weber

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