Gnadenloser Messeausbau

■ Dritter Bauabschnitt bringt der Messe Berlin 130.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Grüne fordern Baustopp

Beim Ausbau des Messegeländes am Funkturm läßt das Land trotz leerer Haushaltskassen nichts anbrennen. Um im Rennen der Messestandorte weiter mithalten zu können, hat gestern Bausenator Jürgen Klemann (CDU) den dritten Bauabschnitt des 1,6 Milliarden Mark teuren Ausstellungsgeländes übergeben. Pünktlich zu Beginn der Internationalen Funkausstellung (vom 30. August bis 7. September) erweitert sich damit die Gesamtfläche der Messe von 105.000 auf 130.000 Quadratmeter.

Zugleich mit der Übergabe der 12 neuen Hallen legte Klemann den Grundstein für den vierten Bauabschnitt. Die letzte Phase der Messeerweiterung mit dann insgesamt 160.000 Quadratmetern soll 1999 beendet sein. Berlin rangiert derzeit auf Rang fünf unter den Messestandorten der Republik.

Klemann verteidigte das umstrittene und zugleich teuerste Bauvorhaben des Landes, das nach den Plänen von Oswald Mathias Ungers realisiert wird. Durch die Investitionen sei die „Messestadt Berlin“ nicht nur vorangebracht worden, so Klemann. Vielmehr bedeute „die bauliche Erweiterung auch eine Erweiterung der wirtschaftlichen Chancen der Stadt“. 1996 hätten Messen und Kongresse allein 10.000 Arbeitsplätze gesichert.

Messechef Manfred Busche verwies darauf, daß nach dem Abschluß des Messeausbaus der Umsatz durch Besucher von jetzt knapp 1 Milliarde auf 1,2 Milliarden Mark pro Jahr steigen werde. Zudem würden durch Aktivitäten der Messe mehr als 18.000 Arbeitsplätze in der Region gesichert. Busche erinnerte in diesem Zusammenhang an die Deutschlandhalle, die den Betrieb zum Jahresende einstellt. Es sei wünschenswert, so Busche, wenn eine Entscheidung zum Abriß der Halle zügig erfolge.

Kritik am bisherigen Ausbau äußerte Vollrad Kuhn, stellvertretender Fraktionschef der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus. „Die Entscheidung“ erklärte Kuhn, „wurde unter falschen Voraussetzungen und nicht ausreichender Wirtschaftlichkeitsbetrachtung getroffen.“ In der Hoffnung, große internationale Messen – wie die Automobilausstellung – in die Stadt locken zu können, sei vom Senat 1991 die Erweiterung für rund 2 Milliarden Mark beschlossen worden.

Statt auf die Absagen der Veranstalter zu reagieren und den Messeausbau zu stoppen, habe die Koalition aber „ihr Lieblingsprojekt“ „gnadenlos“ vorangetrieben. Den Landeshaushalt belaste die Messe über alle Maßen. Profiteure des Messeausbaus würden die Banken, die dem Land Kredite in Höhe von 700 Millionen Mark überwiesen hätten. Kuhn forderte Klemann auf, auf den weiteren Ausbau zu verzichten und die freiwerdenden Mittel in „nachhaltigen Projekten“ einzusetzen. rola