piwik no script img

Leicht in doppelter Hinsicht

■ Reisezeit ist Lektürezeit: Krimis und leichte Bücherkost im Taschenbuchformat sind die Verkaufsrenner in diesem Sommer / Aber möglichst billig sollen sie außerdem sein

Sie fallen in die Bibliotheken ein und drängen sich in Buchläden um die Bücherregale und -ständer: Die Reisenden, die sich jetzt mit gepacktem Rucksack oder Koffer auf den Weg in den Urlaub machen. Doch im Urlaub soll es nicht irgendein Buch für den Strand, die Terasse oder den Berghügel sein: „Viele lesen in den Ferien anders als sonst“, weiß ein Buchhändler von der Buchhandlung Leuwer am Wall.

Entspannende Lektüre ist im Urlaub angesagt – Bücher, bei denen man „einfach mal abschalten“kann. Sachbücher kommen daher meist nicht mit ins Reisegepäck: Unterhaltungsromane verkaufen sich am besten in der Ferienzeit. Um lange Zugfahrten oder Regentage zu überstehen, werden oft gleich mehrere genommen – am liebsten in handlichen Taschenbuchausgaben. „Leicht soll es sein, in doppelter Hinsicht“, wie eine Buchhändlerin in der Bahnhofsbuchhandlung augenzwinkernd bemerkt.

Dabei kaufen sich die Kunden aber keineswegs „irgendwas“. Die meisten wüßten genau, wonach sie suchen und erkundigen sich gezielt nach bestimmten Autoren oder Büchern. Krimis würden am häufigsten über den Ladentisch gehen. KrimiautorInnen wie Minette Walters oder Donna Leon zählen dabei zu den Spitzenreitern. Aber auch historische Romane oder humorvolle Bücher verkaufen sich in der Ferienzeit nach wie vor gut. Sehr gefragt seien außerdem Frauenbücher – Romane ebenso wie psychologische Berater und Selbsthilfebücher wie die von Ute Ehrhardt.

Satte Umsatzsteigerungen seien im Sommer zwar nicht zu verbuchen. Dafür fallen aber weitaus mehr Kunden in die Buchläden ein – weiß der Buchhändler bei Leuwer am Wall. Doch die würden meist günstige Taschenbücher kaufen. Und genau überlegen, wieviele Exemplare sie sich kaufen. Eine besondere Strategie hat eine Kundin der Buchhandlung Otto in Bremen-Vegesack. Sie schenkt ihrer Freundin Bücher, die ihr selbst gefallen – und leiht sie sich dann für den Urlaub aus. „Bücher sind doch ziemlich teuer, und so schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe“, erzählt sie lachend.

Daß die BremerInnen bei der Reiselektüre Geld sparen wollen, spüren jetzt vor allem die Bibliotheken. „Viele kommen zu uns, um sich für den Urlaub einzudecken. Die verlängerte Ferienausleihe, die wir anbieten, wird stark in Anspruch genommen, und Krimis, Liebesromane oder Science Fiction sind oft schon Wochen vorher von mehreren Lesern vorbestellt“, sagt eine Bibliothekarin aus der Zentralbibliothek am Schüsselkorb. Dort drängen sich täglich durchschnittlich 219 BesucherInnen zwischen den enggestellten Regalen. Schließlich haben in Bremen sechs Stadtteilbibliotheken dichtgemacht. Die Besucherzahl der Zentralbibliothek sei dadurch um mehr als ein Drittel gestiegen, weiß die Bibliothekarin. Außerdem hätten die meisten Stadtteilbibliotheken im Augenblick Sommerferien, so daß die Zentralbibliothek noch mehr überfüllt sei.

Auch viele Kids kommen in die Buchläden oder in die Bibliothek – und zwar aus eigenem Antrieb, um sich ein spannendes Buch für den Urlaub zu besorgen. „Im großen und ganzen unterscheiden sie sich nicht von den erwachsenen Kunden“, meinte eine Buchhändlerin. „ Sie suchen gute Sachbücher oder mitreißende Krimis und Liebesgeschichten.“Wenn dennoch die Eltern – meist die Mütter – für die Urlaubsbücher sorgen, ist die Beratung keineswegs einfacher als bei jungen Leuten.

Viele Mütter greifen – im Glauben, nicht viel falsch machen zu können – oft zu Rätsel- oder Spielbüchern. Damit könnten sich die Kinder schließlich an Regentagen gut allein beschäftigen.

Kunden, die sich mit Lektüre gezielt auf ihren Urlaubsreisen vorbereiten, gibt es nach Meinung der meisten BuchhändlerInnen eher selten. Nach Bildbänden oder Romanen, die am Urlaubsort spielen, würde meist erst nach dem Urlaub gefragt. Besonders nach Australien oder Afrika machten viele so auch eine „Lesereise“. Auf jeden Fall sind sich BuchhändlerInnen und KundInnen in einem einig: „Trotz allem, was behauptet wird – das Buch ist einfach nicht totzukriegen.“ Imke Heuer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen