Sparwettbewerb beim öffentlichen Dienst

■ SPD fordert Sonderopfer der Beamten, die CDU ist natürlich dagegen

Ein Vorschlag jagt den nächsten: Weil die Landeskasse kurz vor dem Bankrott steht, wollen die PolitikerInnen im öffentlichen Dienst kürzen. Personalkostensenkung soll das Haushaltsloch zumindest mildern.

Eine besondere Variante haben die Reinickendorfer Bündnisgrünen in den Ring geworfen. Sie fordern „Sonderurlaub statt Weihnachtsgeld“. In der August-Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf wollen sie einen Vorschlag einbringen, mit dem der Bezirk mehrere Millionen Mark einsparen könnte, so der bündnisgrüne Finanzpolitiker Oliver Schruoffenegger. „Für die Jahre 1997 bis 1998 wird die Möglichkeit geschaffen“, heißt es im Antragstext der Bündnisgrünen, „durch Verzicht auf das Weihnachtsgeld 20 zusätzliche Urlaubstage zu erhalten.“ Auch die Variante 10 Tage Urlaub gegen die Hälfte des Weihnachtsgeldes soll angeboten werden.

Derweil hat Klaus Böger, Fraktionsvorsitzender der SPD im Abgeordnetenhaus, für die Gesamtberliner Verwaltung eine ganz andere Gangart ins Auge gefaßt. Er forderte in der Berliner Morgenpost eine Bundesratsinitiative zur Gehaltskürzung bei Beamten. Konkret schlug er vor, das Weihnachtsgeld auf maximal 4.000 Mark zu begrenzen und möglicherweise das Urlaubsgeld zu deckeln. Außerdem strebt Böger einen „sozial differenzierten Gehaltsverzicht“ an.

Böger widerspricht damit seinem Parteigenossen, Umweltsenator Peter Strieder. Strieder hatte vor zwei Wochen einen Solidarpakt angeregt: Durch Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich könnten neue Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen werden.

Der SPD-Fraktionschef jedoch geht noch weiter: Er schließt weitere Stellenstreichungen nicht aus und trifft damit auf Wohlwollen in der CDU. Der CDU-Kreisvorsitzende in Pankow, Martin Federlein, bezeichnete betriebsbedingte Kündigungen als „notwendiges Instrument der Haushaltssanierung“.

Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) sprach sich gegen ein Sonderopfer von Beamten zur Kostenreduzierung im öffentlichen Haushalt aus. Eine solche Initiative sei in der Koalition von CDU und SPD weder abgestimmt noch besprochen worden, sagte der Innensenator. Wenn überhaupt, müßten alle Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes finanzielle Einschränkungen in Kauf nehmen. Dies sei aber Sache der Tarifparteien.

Derweil, so die Ansicht des CDU-Landesvorsitzenden der Jungen Union, Thorsten Reschke, seien die laufenden Chefgespräche zum Etat 1998 „zum Scheitern verurteilt“, wenn sich der Senat nicht zu Massenentlassungen im öffentlichen Dienst durchringe. Reschke: „Ohne betriebsbedingte Kündigungen ist der Haushalt nicht zu sanieren. Dies müßten Diepgen und Fugmann-Heesing endlich berücksichtigen. Reschke beruft sich bei seiner Forderung nach einem drastischen Personalabbau – „rund 44.000 Stellen bis 2003“ – auf das Verhältnis zwischen fallenden Steuereinnahmen und den sich erhöhenden Personalkosten. Barbara Junge