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Trauerfeier für Umweltkarte

■ Verkehrsverbund will Preis für Monatskarte auf 105 Mark erhöhen. 20 Mark für bisher kostenlose Fahrradmitnahme. Grüne: Schallmauer ist durchbrochen

Mit einer „Trauerfeier“ heute mittag um 12 Uhr wollen die Bündnisgrünen sowie die Grüne Jugend gegen die faktische Abschaffung der BVG-Umweltkarte protestieren. Mit den Tarifvorschlägen des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) würde eine Schallmauer durchbrochen werden, kritisierte der Grünen-Abgeordnete Burkhard Müller-Schoenau. Müller-Schoenau forderte Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) auf, den „Tarif-Irrsinn“ des Verkehrsverbundes zu stoppen.

Der VBB hatte vor kurzem vorgeschlagen, den Preis für eine Monatskarte von 93 auf 105 Mark zu erhöhen. Wer mit Bus und Bahn die Stadtgrenze überschreiten will, soll monatlich noch einmal 31 Mark drauflegen. Außerdem soll die bisherige Regelung abgeschafft werden, mit der Umweltkarte kostenlos ein Fahrrad zu transportieren sowie abends und am Wochenende einen Erwachsenen und bis zu drei Kinder mitzunehmen. Solche „Extras“ sollen künftig bis zu 20 Mark im Monat kosten.

Die Folgen einer solchen Tariferhöhung, sagt Burkhard Müller- Schoenau, seien jetzt schon vordern zu Auto- oder Schwarzfahrern, je nachdem, wieviel der Geldbeutel hergibt“, kritisiert der haushaltspolitische Sprecher seiner Partei. In den vergangenen Jahren hätte die BVG bereits 174 Millionen Fahrgäste verloren.

In der Tat ist ein Zusammenhang des Fahrgastschwunds der BVG mit den Preiserhöhungen der letzten Jahre offensichtlich. Als das Umweltticket für monatlich 69 Mark unter der rot-grünen Koalition eingeführt wurde, stiegen die Fahrgastzahlen auf den bisherigen Höchststand von 992 Millionen im Jahr 1992. Danach sank das Fahrgastaufkommen rapide: Von 924 Millionen im Jahr 1994 auf 818 Millionen vergangenen Jahr. Für den Fahrgastverband IGEB ist dieser Schwund die Folge von „Preistreiberei“, aber auch sinkender Zuschüsse des Landes für die BVG. Die BVG-Preise für die übertragbare Monatskarte hatten sich seit 1989 um zwei Drittel erhöht. Auch die Grüne Jugend forderte gestern Bausenator Jürgen Klemann auf, mit der „ÖPNV-feindlichen Politik“ Schluß zu machen. Statt teurer Großprojekte wie der U5 oder der Nordtangente müßten die vorhandenen Gelder vielmehr in den flächendeckenden Ausbau der S-Bahn und der Straßenbahn gesteckt werden.

Aus der Senatsverwaltung für Verkehr hieß es gestern, daß es sich bei den Diskussionen innerhalb der VBB noch um keinen offiziellen Tarifantrag handele. Über eine mögliche Genehmigung könne erst entschieden werde, wenn ein entsprechender Antrag in der Verwaltung vorliege. Uwe Rada

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