: Nordirlandkonflikt live auf BBC
■ Sinn-Féin-Unterhändler Martin McGuinness streitet im TV mit Ken Maginnis von den Ulster Unionists – ohne Ergebnis
Belfast/Berlin (AP/taz) – Zum ersten Mal haben führende Vertreter der gegnerischen Lager Nordirlands live im britischen Fernsehen miteinander gestritten, ohne allerdings eine Annäherung in wichtigen Fragen zu erzielen.
Trotz bohrender Nachfragen ließ sich der Chefunterhändler der IRA-Partei Sinn Féin, Martin McGuinness, in der halbstündigen Sendung des britischen Fernsehens nicht darauf ein, eine Abrüstung der Untergrundorganisation IRA zuzusagen, wie es sein Gegenüber, Ken Maginnis von den Ulster Unionists, immer wieder forderte. Die IRA, in der McGuinness früher selbst aktiv war, würde eine Entwaffnung ohne Gegenleistung als Kapitulation betrachten, sagte er. Auch weigerte er sich zu sagen, ob Sinn Féin nach Reformen in Nordirland eine Regierung für diese britische Provinz in irgendeiner Art akzeptieren würde. Er betonte, daß er „irischer Republikaner“ sei und für ein Ende der britischen Herrschaft in Ulster eintrete.
Maginnis versicherte, seine Teilnahme an dem Streitgespräch sei kein Präzedenzfall. Er halte es aber für falsch, der IRA unwidersprochen das Feld zu überlassen. Den Vorschlag von McGuinness, sie beide sollten sich in ein Nebenzimmer zurückziehen und dort zunächst über das gegenseitige Mißtrauen sprechen, wies er zurück. Dies werde zu nichts führen, solange McGuinness nicht eine Abrüstung der IRA zusage.
Sein Kontrahent habe auf keine Frage direkt antworten können, triumphierte Maginnis am Schluß – dieser hingegen meinte am Ende der Sendung, das Gespräch habe ihn ermutigt. Es zeige, daß die protestantische Seite eingesehen habe, daß Sinn Féin an den Bemühungen zur Lösung des Konflikts beteiligt werden müsse.
Am 15. September sollen die Friedensgespräche für Nordirland wieder aufgenommen werden. Erstmals wird daran auch Sinn Féin beteiligt, nachdem die IRA eine neue Waffenruhe zugesagt hat. Andere protestantische Parteien außer den Unionists lehnen Gespräche mit Sinn Féin nach wie vor ab. In den letzten Tagen hatte die britische Nordirlandministerin Marjorie Mowlam mehrfach über eine Teilamnestie für inhaftierte IRA-Kämpfer nachgedacht – und damit die Hardliner auf Seiten der Unionisten erzürnt.
Die letzte Fernsehdebatte dieser Art hatte es 1994 gegeben, noch vor dem IRA-Waffenstillstand. Damals hatte Ken Maginnis mit Sinn-Féin-Chef Gerry Adams gestritten, allerdings nicht im britischen Fernsehen, sondern in der „Larry King Live“-Sendung des US-amerikanischen Nachrichtensenders CNN. Und die kam in Europa nur synchronisiert zur Ausstrahlung – damals war es in Großbritannien noch verboten, die Stimme des Sinn-Féin-Vorsitzenden zu senden. pkt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen