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Gurke des Tages

Schlapp, nichtssagend, flach, ohne Gehalt, nüspelt nicht ordentlich nach: Zu Recht – denn dies ist ein Dienst an der Allgemeinheit – müssen sich Winzer allerlei gnadenlose Kommentierungen von Weinkritikern gefallen lassen. Und Bierbrauer? Bierbrauer verbitten sich Kritteleien, und zwar mit Nachdruck: Vor kurzem war eine Zwölfercombo mittelständischer bayrischer Bierbrauereien vor das Landgericht München gezogen, den Herausgebern des „Bierlexikons“ (Reclam Leipzig) das Handwerk zu legen. Jürgen Roth und Michael Rudolf, so der Vorwurf, hätten „unqualifizierte Beurteilungen“ abgegeben bzw. eine „reine Schmähkritik“ aufgesetzt, die einzig die „Verunglimpfung“ der zwölf Betriebe zum Ziel gehabt habe. Die Geschmacksurteile seien „von der Meinungsfreiheit nicht gedeckt“, entsprechende Passagen im „Bierlexikon“ zu streichen. In zwei Fällen teilte das Gericht die Auffassung der Kläger. Die Brauerei Wagner gehörte allerdings nicht dazu, weshalb sie nun einen erneuten Vorstoß vor dem Landgericht Bamberg unternahm.

Bei der Verkostung der Wagner-Biere hatten Roth und Rudolf unter anderem dem „Eschenbacher Export“ einen „vielleicht zu arg fruchtigen Geruch“ attestiert und grundsätzlich keinen Unterschied zum „Eschenbacher Pils“ feststellen können. Über das „Urtyp Hell“ schließlich, ein sogenanntes Vollbier, hieß es: „Voll daneben. Voll verhauen. Echt. Tut uns leid.“ Und Bamberg fand: Jawoll, Schmähkritik, gar ein „Eingriff in den Gewerbebetrieb“, kein Fall von Meinungsfreiheit. Vorsicht also: Labbrige Biere nur noch im Flüsterton labbrige Biere nennen, sonst braut sich was zusammen.

Und hier noch ein Wort an Restaurantkrtiker: Obacht! Zur Sicherheit, in vorauseilendem Gehorsam, nicht mehr von pampigen Saucen oder ausgetrockneten Bratenscheiben sprechen! Mißhandeltes Gemüse widerspruchslos hinunterschlucken! Nicht meckern oder nörgeln: Ihre Meinung ist nur Geschmackssache.

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