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Post-Service von 7 bis 7

■ Snacks, Zeitschriften und Süßes sollen Postkunden locken / Die erste PostPlus-Filiale in Bremen gestern eröffnet

Zwei postgelbe Sonnenschirme grüßen schon von weitem aus der Ladenzeile Gorsemannstraße. Die bunten Farbtupfer wirken irgendwie verloren, eingekeilt zwischen tristgrauen Wohntürmen in Kattenturm. Kinder laufen aufgeregt mit Luftballons in den Fäustchen herum, während ihre Mütter und viele ältere Menschen etwas scheu in den Posteingang spähen. Der einstöckige Flachbau ist von außen eher unscheinbar.

Gestern um Punkt zwölf ist die Schar der Neugierigen auf ungefähr 150 Menschen angewachsen, die nun fordernd in den Vorraum stürmen. Dort kann man jetzt rund um die Uhr telefonieren, faxen und Postbankgeschäfte erledigen. Als sich die gläsernen Innentüren öffnen, bildet sich am neuen Postschalter sofort eine Schlange. Von innen wirkt die PostPlus-Filiale wie eine Tankstellenshop. Der erste Blick verfängt sich prompt an der Wand gegenüber. Dort präsentieren sich acht lange Meter Zeitschriften und Taschenbuchromane. Direkt am Eingang stolpern die KundInnen dadurch fast in die kniehohe Eistruhe. Gleich links stehen allerlei Alkoholika Spalier, Zigaretten sind ihre Regalnachbarn. Unter der Woche wird von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends immer eine PostlerIn parat stehen. Samstags können die KäuferInnen zwischen acht und eins ihre Kauflust an Snacks, Autoreisekarten und Geschenkpapier befriedigen. „Der Comet Lebensmittelladen hat nicht so eine Auswahl an Schreibwaren, wie die hier“, sagt eine grauhaarige Dame. Eine rüstige Mittsechzigerin in Rot freut sich: „Da muß ich nicht extra in die Stadt fahren, um mir Geschenkpapier und Karten zu kaufen. Endlich gibt es mal etwas Schönes in Kattenturm“. Nur in der Schlange am Schalter ärgert sich ein Mann vom Ortsamt darüber, das der Kasten für Geschäftspost abmontiert worden ist. „Jetzt muß ich hier in der Schlange stehen, nur um meine Geschäftsbriefe abzugeben. Was mich das an Arbeitszeit kostet.“

Der Schalter erinnert mit Designerlampen und Lochblechverkleidung an eine Cafeteriatheke. Eine sechsstellige Summe habe der Umbau verschlungen, umschreibt Karl-Heinz Antelmann, Pressesprecher der Stabsstelle Bremen, die Kosten. Eine Düsseldorfer Unternehmensberatung hatte die Filiale Kattenturm für besonders günstig für PostPlus gehalten, da das Gebäude posteigen, in einer Ladenzeile und dichtbesiedelt sei. Die nächste PostPlus-Filiale werde im Einkaufszentrum in Vegesack aufmachen, ein konkreter Termin stehe noch nicht fest, verrät Antelmann.

Seit Ende Mai wird in Kattenturm umgebaut. Mit Rauchwaren, Süßem und Alkohol will die Post AG zukünftig gegen die 22 Prozent (zwischen 1992 und 1995) Geldeinbußen an den Schaltern angehen. Die 16.000 Postfilialen verbrauchen jährlich ungefähr vier Milliarden Mark, sie nehmen aber nur etwa die Hälfte wieder ein.

„Die Post AG geht jetzt zu den KundInnen, und nicht mehr umgekehrt. sagt die Bremer Post. Die verlängerten Öffnungszeiten brachten der Bremer Post drei neue Arbeitsplätze. Die Neuen sollen mit geschulter Einzelhandelsfreundlichkeit Kunden bedienen. Fünf Wochen Postgrundschulung haben sie fit für Briefmarken und Postgirokonten gemacht. Morgens werden sich zwei MitarbeiterInnen Postschalter und Lebensmitteltheke teilen, nachmittags sind es dann vier. Die ehemaligen Postbeamten wurden von der Post AG für zwei Jahre beurlaubt und unterschrieben für diese Zeit einen Angestelltenvertrag bei einer Tochterfirma der Post AG. Danach haben sie die Möglichkeit, wieder verbeamtet zu werden. Den neuen Schichtdienst findet Wolfgang Träder, der dienstälteste Kattenturmer Postler, gut, weil die Arbeitszeit gestrafft wurde. Ob er für den Schichtdienst jetzt mehr Geld bekommt oder nicht, will er lieber nicht verraten.

„Comet“Marktleiter Lugalski möchte sich nicht über den Konkurrenten PostPlus äußern. Aus dem Hintergrund dringt die Stimme einer Verkäuferin: Die werden uns wahrscheinlich nur ein paar SchülerInnen abnehmen!“Das bleibt abzuwarten. kk

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