: Frankfurter Beispiel für Präventionsarbeit
■ betr.: „Die Polizei muß bürgernah bleiben“, taz vom 12. 8. 97
Es freut uns, daß sich Frau Künast für Präventionsarbeit ausspricht. In Frankfurt/Main wurde bereits ein Präventionsrat eingerichtet, der sowohl mit stadtteilbezogenen als auch problembezogenen Arbeitskreisen arbeitet. In allen Arbeitskreisen arbeiteten VertreterInnen der Polizei von Anfang an mit. Und dies ist aus unserer Sicht auch sehr wichtig. Gesellschaftliche Integration und Abbau von begründeten und unbegründeten Ängsten in der Bevölkerung läßt sich nicht durch neue Ausgrenzung und Sündenbockpolitik machen. Unsere Erfahrung in der gewollten Zusammenarbeit mit der Polizei ist durchweg positiv, hilft die regelmäßige und sachbezogene Arbeit doch beiden Seiten, Vorurteile abzubauen und Arbeitsebenen zu finden, die konstruktiv sind. Außerdem ergeben sich durch das erworbene Vertrauen bei dieser Zusammenarbeit erst geeignete Situationen, sinnvoll und fruchtbringend über kritische Probleme – auch innerhalb der Polizei – zu sprechen.
Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten hat zudem – und dies mag ein praktisches Beispiel für die Präventionsarbeit von Bürgern sein – im Rahmen eines EU- Projektes Bürgerhilfe systematisch aufgebaut. Es wurden ca. 40 Stadtteilvermittler und -vermittlerinnen ausgebildet. Die Gruppe verfügt über 14 verschiedene Sprachen und setzt sich aus Männern und Frauen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher beruflicher Qualifikation zusammen. Sie wirken in ihrer Freizeit sowohl als Konfliktmanager als auch als MediatorInnen. Ihre Arbeit soll neben der Vermittlung in Konflikten auch dazu beitragen, eine Art Frühwarnsystem in den Stadtteilen aufzubauen, das rasch, unkonventionell und frühzeitig die entsprechenden Personen, Behörden oder Institutionen auf Spannungsfelder in Nachbarschaften hinweist. Außerdem tragen die VermittlerInnen dazu bei, BürgerInnen vor Ort ihrerseits zu ermutigen und zu befähigen, bestimmte Probleme selbst anzugehen. Dabei werden sie auf Wunsch von uns allen unterstützt.
Die Ausbildung der StadtteilvermittlerInnen erfolgte auf freiwilliger Basis nach Auswahl geeigneter Personen durch einen 48-Stunden-Trainingskurs. Anschließend findet eine arbeitsbezogene regelmäßige Supervision statt. Die Kosten tragen die EU- Kommission und die Stadt Frankfurt/M. je zur Hälfte.
Innerhalb eines Jahres wurden im Rahmen dieser Maßnahme unseres Amtes 70 Konflikte bearbeitet. Der Anspruch, in allen Fällen die Probleme zu lösen, besteht nicht. Es geht primär um Deeskalation, Prävention von Gewalt und rassistischen Übergriffen und das Lernen, mit bestimmten Konfliktlagen umzugehen. Unsere Erfahrung ist, daß diese Maßnahmen zunehmend von BürgerInnen angenommen und genutzt werden. Rosi Wolf-Almanasreh,
Leiterin des Amtes für
multikulturelle Angelegenhei-
ten der Stadt Frankfurt/M.
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