: Viele Anzeichen für einen neuen Krieg in Angola
■ Von einem „Durchbruch“ bei den Verhandlungen kann nicht die Rede sein
Johannesburg (taz) – In Angola haben die Rebellenbewegung Unita und die Regierung einen „Durchbruch“ über die Rückgabe von Gebieten erzielt. Eine entsprechende Erfolgsmeldung verbreitete am Montag abend der derzeit amtierende Premierminister Pedro Loy. Seinen Angaben zufolge hat Unita in einem Treffen zugestimmt, während des Bürgerkriegs eroberte Gebiete endlich an die Regierung zurückzugeben.
Wie der zuständige Minister Fernando Faustino Muteka wenig später konkretisierte, handelt es sich zunächst um sieben Gemeinden in vier verschiedenen Provinzen. Bis Ende August sollen die wichtigen Städte Negage in der Provinz Uige und die Diamantenstadt Cuango im Nordosten des Landes abgetreten werden. Der gesamte Übergabeprozeß soll im November abgeschlossen sein.
Die Würdigung als „Durchbruch“ allerdings ist reine Schönfärberei, denn eine entsprechende Vereinbarung enthält schon der Friedensvertrag von Lusaka. Mit ihm sollte im November 1994 der fast 20 Jahre dauernde Bürgerkrieg in dem südwestafrikanischen Land beendet werden. Erst im Juni hatte Unita, die noch immer 70 Prozent des Landes unter ihrer Kontrolle hat, den Rückgabeprozeß vollkommen storniert.
Obwohl beide Seiten seit April diesen Jahres in einer gemeinsamen Regierung sitzen, ist die Lage gespannt. Seit dem Fall von Zaires Diktator Mobutu Sese Seko, dem letzten Verbündeten von Unita- Chef Jonas Savimbi, mehren sich die Anzeichen, daß das Land kurz vor einem neuen Krieg steht. Vor allem aus den diamantenreichen Regionen im Nordosten wurden Kämpfe zwischen beiden Seiten gemeldet. Selbst der UNO, die in Angola den derzeit größten Friedenseinsatz in Afrika betreibt, ging jetzt die Geduld aus. Generalsekretär Kofi Annan empfahl Ende letzter Woche dem Weltsicherheitsrat, noch nicht mit dem bereits beschlossenen Abzug von rund 7.000 Blauhelmen zu beginnen. 2.650 Soldaten sollten vielmehr noch bis Oktober vor Ort bleiben. Zeitgleich forderte die UN-Beobachtermission in Angola Reisesanktionen gegen Unita-Mitglieder. Allerdings hatte die UNO schon vor drei Jahren ein Waffen- und Erdölembargo gegen Unita verhängt, ohne daß das sichtbare Folgen hatte. Sie reagierte damit auf ein Ultimatum, das der Weltsicherheitsrat der Rebellenbewegung bereits Mitte Juni gesetzt hatte. Bis zum 15. August sollte Unita die genaue Zahl ihrer bewaffneten Soldaten angeben, mit der Rückgabe der Gebiete beginnen und ihren Propagandasender „Radio Vorgan“ in einen ausgewogenen Sender umwandeln. Kordula Doerfler
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