: BSE-Fleisch in Stuhr in Dosen gefüllt?
■ Verwirrspiel um Rindfleisch-Tourismus
Auch das über Niedersachsen gehandelte und teilweise verarbeitete „irische“Rindfleisch war möglicherweise kein irisches Rindfleisch, mußte gestern das Landwirtschaftsministerium in Hannover einräumen. Da die Landesbehörden in die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg nicht eingeschaltet worden und auch nicht informiert worden waren, war man in Hannover bis gestern ausgegangen, was das Zollfahndungsamt Hannover feststellen konnte: von guten irischen Stempeln.
Was es bedeutet, daß an zwei Stellen manipulierte Stempel des irischen Lieferanten aufgetaucht sind, sei noch nicht abzuschätzen, meinte Uwe Bartels, Staatssekretär im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium.
Klar ist immerhin, daß Firmen aus Giffhorn 60 Tonnen und eine aus Stuhr vier Tonnen Rindfleisch aus der verdächtigten Tranche des Hamburger Großhändlers bekommen haben, der insgesamt 616 Tonnen „irisches Rindfleisch“eingeführt hatte. Die Gifhorner Mengen wurden quer durch die Republik weiterverkauft, in Stuhr sind aus den vier Tonnen Rindfleisch 10.800 Dosen Labskaus gemacht worden und an einen Händler in Hamburg weiterverkauft wurden. Was der damit gemacht hat, darüber habe er noch keine Informationen, meinte Bartels gestern.
„Es besteht aber eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, daß den Firmen kein direkter Vorwurf zu machen ist“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Die Unternehmen hätten das Fleisch aus Hamburg möglicherweise ohne Kenntnis der Herkunft gekauft.
Das irische Landwirtschaftsministerium in Dublin geht davon aus, daß etwa ein Zehntel der in Hamburg aufgedeckten illegalen Einfuhren von britischem Rindfleisch mit gefälschten irischen Fleisch-stempeln und Begleitpapieren nach Deutschland gelangte. Irische Firmen oder Häfen seien nach Angaben eines Sprechers jedoch nicht in den Betrug verwickelt.
Unterdessen forderte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) Niedersachsen, die regionale Vermarktung von Fleisch stärker zu fördern. „Die internationalen Fleischverschiebungen und Tiertransporte bieten zu viele Schlupflöcher, um die Herkunft der Tiere zu klären“, sagte BUND-Landwirtschaftsreferent Tilman Uhlenhaut in Hannover. In Niedersachsen würde ohnehin mehr Rindfleisch produziert als verbraucht. Die Vorschläge der EU-Kommission zum Abbau von Exportsubventionen in der Landwirtschaft richtig. K.W.
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