: Es gibt viele Wege aus der Sucht
■ betr.: „Die heile und die bedröhnte Welt“, taz vom 14. 8. 97
Der Artikel stellt die grüne Drogenpolitik nicht richtig dar. [...]
1. Wichtigstes Ziel grüner Drogenpolitik ist der Schutz von Körper und Geist vor einem möglichen schädlichen Einfluß durch Drogen. Primäres Ziel ist die Senkung der Anzahl der Drogentoten. Die drogenfreie Gesellschaft halten wir für eine Illusion. Die kontrollierte Heroinabgabe ist dabei ein wichtiger Pfeiler dieser Politik und hilft vielen Süchtigen, ein geregeltes, wieder menschliches Leben zu führen, ohne unreine Drogen, ohne Aids- und Hepatitis-Ansteckungsgefahr, ohne Beschaffungskriminalität, ohne Prostitution und mit der langfristigen Perspektive, falls gewünscht, ohne Heroin zu leben. [...] Viele Abhängige kommen aus unterschiedlichen Gründen nicht mit Methadon zurecht und bevorzugen Heroin oder auch Codein. Es gibt viele Wege aus der Sucht, und es ist falsch, das Methadon Süchtige besser „therapie- und beziehungsfähig“ machen würde. Süchtigen müssen möglichst viele Wege aus der Sucht offenstehen. Heroin, Methadon und Codein sind drei von vielen Wegen. Welcher der richtige Weg ist, hängt vom einzelnen Drogenabhängigen ab.
Durch die Heroinabgabe wird der Jugendschutz gefährdet, schreiben Sie. [...] Vermutlich geht es Ihnen um die „noch drogenfreien Jugendlichen“, die durch die grüne Drogenpolitik leicht in Kontakt mit Heroin kämen und süchtig werden würden. Dies ist natürlich falsch. Erstens bekommt heute schon jede Jugendliche in Deutschland soviel Heroin, wie sie will. Ob Heroin nun legal oder illegal ist, ist, was den Konsum angeht, egal. Zweitens sind sich Jugendliche sehr wohl der von Heroin ausgehenden Gefahren bewußt, wie die Umfragen der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren belegen. Kommt es trotzdem zum Konsum, so spielen andere Faktoren die ausschlaggebende Rolle. [...]
2. Prinzipiell liegt es in der Freiheit jeder einzelnen, zu entscheiden, welche Substanz sie konsumieren möchte. Durch diese Freiheit darf aber auf der anderen Seite keine Gefahr für Dritte oder das Allgemeinwohl ausgehen.
Steht dies nicht im Widerspruch zu obigem? Außerdem müssen wir Grüne doch endlich mal Konzepte gegen den „Rauschgifthandel“ vorlegen. Herr Kunz, für uns Grüne gibt es kein „Rauschgift“. Solche ideologisch verbrämten Begriffe sollten Sie als Wissenschaftler eigentlich nicht benützen. Wie Sie ja wissen, macht die Menge das Gift. Der illegale Drogenhandel wird mit der Umsetzung der grünen Drogenpolitik zu Ende sein, weil es Cannabis, Ecstasy, weitere Phentylamine, Kokain, Tryptamine, LSD, Pilze usw. in der Apotheke zu kaufen geben wird. [...] Wer jetzt auf dem Schwarzmarkt kaufen möchte/würde, müßte zum Beispiel für Heroin, statt zirka
10 Mark (inklusive Steuer) in der Apotheke, zirka 150 Mark bezahlen. Dazu noch die Unreinheit des Stoffes und die unangenehme Dealeratmosphäre. [...]
3. Menschen, die durch unsachgemäßen Konsum von Drogen süchtig geworden sind, ist schnell und unbürokratisch zu helfen. Es darf keine Ausgrenzung oder gar Kriminalisierung stattfinden.
Grüne Drogenpolitik fördert die „Gleichgültigkeit und soziale Kälte gegenüber Suchtkranken“, werfen Sie uns vor. Haben Sie vielleicht die Partei verwechselt und wollten CDU schreiben? Grüne setzen sich neben obigem für einen deutlichen Ausbau niedrigschwelliger Angebote, für mehr Therapieplätze, für eine Reform/
Abschaffung des BtmG, für spezielle Hilfen für süchtige Frauen und für Wiedereingliederungshilfen ein. Neben einigem mehr. [...] Tilmann Holzer, Fachforum
Drogen des Grün-Alternativen
Jugendbündnisses (GAJB) und
Grüne Mannheim
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