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Helden in Altbauten

Stuck für den Kommissar: Das Location Büro schlägt Filmteams geeignete Drehorte vor  ■ Von Judith Weber

Helden hausen meist in Altbauten. Jeder Serien-Polizist hat Stuck an der Schlafzimmerdecke, schon mal bemerkt? Dazu gigantische Fenster, knarrfreie Dielenbretter und viel Platz. „Hundert Quadratmeter oder größer sind ideal“, weiß Christine Berg, Leiterin des „Location Büros“der Hamburger Filmförderung.

Solche Plätze an den Kameramann zu bringen, ist Aufgabe des Büros. Im Karteikasten ist hier die Stadt alphabetisch sortiert. Kirchen, Gerichte oder Schulen stehen neben Brücken, Parkhäusern, Straßen und Wohnungen. „Wo gute Wohnungen sind, spricht sich schnell rum“, sagt Berg. „Da wird dann immer wieder gedreht.“Nichtsdestotrotz rufe „halb Deutschland an“, um Häuser anzubieten. Wie der Münchner, der „gerne einen Tatort-Krimi“in seiner Stube hätte.

Gekriegt hat er ihn noch nicht. Denn wo gedreht wird, entscheiden die ProduzentInnen. „Das Location Büro gibt nur Anregungen und betreut Firmen, die nicht aus Hamburg kommen.“Ihnen empfiehlt Christine Berg vor allem Häuser am Klosterstern und an der Hallerstraße. „Die liegen einfach schön.“Da investieren ProduzentInnen schon mal eine Monats-Kaltmiete, um einen Tag lang in den Räumen zu arbeiten.

Etwa 90 Prozent der Filme werden jedoch draußen gedreht – an der Strandperle beispielsweise, an der Alster oder im Hafen. „Hamburg ist bei Produzenten irre beliebt“, schwärmt Berg. Diese Mischung aus nobel und verrucht, die Grünflächen, der Blick über die Werften – und das fast für lau. Denn Filmen auf öffentlichen Wegen kostet nichts. Erst wenn Straßen gesperrt werden oder Kameras Gehwege blockieren, läßt die Polizei sich ihre Zustimmung bezahlen.

Daß sie nur selten nicht mitmacht, ist wenigstens zum Teil Christine Bergs Verdienst. Das Location Büro tröstet genervte Beamte, erboste AnwohnerInnen und ungeduldige Filmmenschen. Gemeinsam hat man in den vergangenen fünf Jahren herausgefunden, welche Kneipiers auf der Reeperbahn ihr Lokal ungern in Filmen sehen oder welche Straßen nicht zu sperren sind. „Wenn jemand unbedingt auf der Ost-West-Straße drehen will, suche ich gleich nach Alternativen“, erzählt die 31jährige. „Bei sowas muß ich nicht erst die Polizei fragen.“

Da kommt es vor, daß MitarbeiterInnen des Location Büros einen Tag lang durch die Stadt fahren und nach filmwirksamen Plätzen suchen. Doch die Fahndung nach Ersatz-Drehorten endet vor der eigenen Haustür, erklärt Christine Berg. „In meine Wohnung würde ich höchstens Filmteams lassen, die ich kenne.“

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