: Auf gutem Weg! Wohin?
■ Nach dem 0:2 gegen die Bayern wirkt HSV-Trainer Pagelsdorf ratloser als zuvor
Hamburg (taz) – Die Hamburger Spielerfrauen hatten sich etwas einfallen lassen. Vor dem Anpfiff sammelten 15 von 27 möglichen Benefiz-Damen für die oderflutgeschädigten Neufünfländer. Für viele war die Spendenaktion eine gänzlich neue Erfahrung, aber am Ende hatten alle die Sammelbüchsen ordentlich im Griff. Dieser Fortschritt entging den Leuten im Volksparkstadion nicht. „Gut macht ihr das“, lobten viele. Andere freilich dachten bereits an zukünftige Einsätze der Hilfscrew: „Demnächst könnt ihr für eure Männer sammeln.“
Solchen Defätismus mag Frank Pagelsdorf (39) nicht. „Man soll nicht immer alles schlechtmachen“, findet der Trainer des HSV. Statt dessen lieber positiv denken. So bleibt er auch nach dem 0:2 vom Sonntag abend gegen Bayern München dabei: „Die Mannschaft ist auf einem guten Weg, sie wird noch kommen.“
Nur wohin? Nach oben? Oder in Teufels Küche? Erst einmal: „Geduld üben.“ Darum bittet Pagelsdorf schon seit seinem Amtsantritt, nur nach zweieinhalb Monaten Harren wird die Kundschaft allmählich unruhig. Sieglos auf dem vorletzten Platz der Fußball- Bundesliga, ein amtsmüder Vorstandsvorsitzender Uwe Seeler, kontinuierlich erfolgsarme Auftritte trotz munteren Personalwechsels und umtriebiger Transferaktivitäten – da erscheinen vielen die Versprechungen des oft ratlos wirkenden Übungsleiters schon jetzt wie Durchhalteparolen, die Schwachstellenanalysen wie wohlfeile Ablenkungsmanöver.
Wie in den Spielen zuvor hatte der Magath-Nachfolger auch bei der Niederlage gegen den deutschen Meister „dumme Fehler“ seiner Untergebenen gesehen. „Die Tore“, sagte Pagelsdorf, „fielen immer dann, wenn wir ein bißchen Fuß gefaßt und das Spiel kontrolliert hatten.“ Zuviel sei dies gewesen, „bei den Temperaturen“. Gut erkannt, das beherrschen die hitzebeständigen Münchner wirklich: Mit Absicht den Gegner einlullen und dann sticheln, wenn die Wirkung am stärksten ist. Bayern- Trainer Giovanni Trapattoni sah es mit Wohlgefallen. In der Gesamtschau mochte er jedoch nur „das Ergebnis“ akzeptieren, nicht aber die Leistung: „Wir haben ja die Möglichkeiten.“ Man könne alles „immer besser machen“.
Die Torausbeute indes war beim fünften Pflichtspieleinsatz fast perfekt, der Einsatz für die beiden Treffer von Bas- und Zickler minimal. Die Hamburger rannten, die Bayern warteten bei ihrer jüngsten Effizienzdemonstration ab. „Die brauchen die Punkte“, meinte Trapattoni fast mitleidig. Deshalb jedoch einfach so die Zähler zu spenden war beim Gentleman nicht drin. Der Branchenführer ist schließlich keine Sozialstation oder eine karitative Einrichtung für die geplagte Konkurrenz.
Doch ohne eine kleine Aufmunterung wollte der väterliche Trapattoni nicht aus Hamburg weg, dort, wo es „immer ein schwieriger Platz“ ist. Es war ein „schöner, warmer Tag“, sagte er und verschenkte großzügig ein Lächeln, das so schön war, daß es nicht in zwei Dutzend Sammelbüchsen gepaßt hätte. Zumindest für gutes Wetter können sie also an der Elbe sorgen, wenn schon nicht vernünftig buffen. Clemens Gerlach
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