: Der direkte Weg vom Reisfeld zum Kochtopf
■ Der „Club des Lebens“ ist eine von zehntausend Genossenschaften in Japan
Yokohama (taz) – Wie jeden Donnerstagmorgen trifft sich Yuko Orihashi mit drei anderen jungen Müttern neben dem Spielplatz „Hana no koen“ nördlich von Yokohama. Die Frauen warten schon auf den Lieferwagen des „Club des Lebens“, der ihnen frisches Gemüse, Reis und Früchte aus organischem Landbau bringen soll. Pünktlich fährt der weiße Lieferwagen um 9 Uhr vor. Ayumu, der Fahrer aus dem Nachbardorf, grüßt die vier Frauen wie alte Bekannte, zieht rasch die vorbereiteten Lebensmittel aus dem Laderaum und hakt die Checkliste ab. Drei Minuten später winkt er auf Wiedersehen, denn dreihundert andere Mütter warten an diesem Donnerstag auf seine Lieferung.
Der „Club des Lebens“ ist eine der fast zehntausend Genossenschaften, die sich in Japan seit 30 Jahren still vermehren. „Mit 47.000 Mitgliedern gehören wir zum Mittelfeld“, sagt Sachi Ikematsu, die Koordinatorin für Mitgliederwerbung in der Zentrale des Clubs des Lebens von Yokohama. Begonnen hat die Genossenschaft 1971 mit etwas über hundert Mitgliedern. Seitdem vermehrt sich die Zahl der GenossenschafterInnen jährlich um nahezu 10 Prozent. Ein Mitglied bezahlt eine feste monatliche Summe von umgerechnet 20 Mark. Auf das investierte Geld erhalten die GenossInnen einen Zins, der rund ein halbes Prozent über dem auf einem Sparkonto in einer Bank liegt. „Wir können solch vorteilhafte Bedingungen anbieten, weil die Genossenschaft auf diese Weise ihr Kapital ebenfalls viel günstiger kriegt, als wenn sie auf Bankkredite zurückgreifen müßte. Da wären die Zinsen für uns doppelt so hoch“, sagt Sachi Ikematsu. Es gibt Leute, die über 30.000 Mark in ihre Genossenschaft investiert haben, berichtet sie.
Ein ausgeklügeltes Einkaufs- und Vertriebsnetz erlauben dem Club, gesunde Lebensmittel zu einem günstigen Preis anzubieten. „Die Idee war, möglichst alle Zwischenhandelsstufen auszuschalten, um eine direkte Verbindung zwischen Konsument und Produzent zu schaffen“, sagt Frau Ikematsu. Dadurch hat der Club auch die Möglichkeit, Einfluß auf die Produktion zu nehmen. Heute pflanzen und ernten zum Teil ganze Dörfer für die Genossenschaft nach den Vorschriften für organischen Landbau. Das Vertriebsnetz ist so aufgebaut, daß die Waren möglichst auf dem kürzesten Wege zum Konsumenten gelangen.
Frau Ikematsu und die anderen Frauen am Spielplatz in Yokohama erklären den Erfolg der Genossenschaft mit dem tiefverwurzelten Kommunedenken in Japan. Genossenschaften blühen oft in neueren Wohngebieten auf. „Ich kam aus Kyoto hierher und habe durch die Genossenschaft meine besten Freunde kennengelernt“, sagt Frau Orihashi. André Kunz
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