: Rentables Eisbein
Wirtschafts- contra Umweltbehörde: Es geht auch ohne kostspielige Wärmedämmung ■ Von Heike Haarhoff
Muß es denn immer gleich die teuerste Wärmedämm-Platte sein? Die kostspieligste Iso-Verglasung? Der ökologischste Heizkörper? Früher haben es doch auch eine ordentliche Wolldecke getan und ein guter Schluck Rum, wenn der Wind gerade mal wieder eisig durch Fenster- und Türritzen pfiff. Ach ja, die gute, alte Zeit!
Einer, der sich besonders gern nostalgischen Gefühlen hinzugeben scheint, ist Hamburgs Wirtschaftssenator Erhard Rittershaus (parteilos). „Wir haben nichts gegen Klimaschutz“, ließ er gestern seinen Sprecher Rainer Erbe verlautbaren. Doch könne das jüngste Ansinnen des Herrn Kollegen Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD), im „Hamburger Alleingang“eine Klimaschutzverordnung betreffsWärmeschutzanforderungen an zu errichtende Gebäude zu erlassen, die zudem noch strenger wäre als die Bundesverordnung, „so nicht überzeugen“. Denn Rittershaus, beziehungsweise sein „Stabsbereich Wirtschafts- und Strukturpolitik“, fürchten den Untergang der Hamburger Wirtschaft: Mit der neuen Verordnung, drohte der Stabsbereich der Umweltbehörde bereits mit Schreiben vom 30. Juli, sei man „nicht einverstanden“. Denn: „Die Erklärung zu den entstehenden Kosten sowohl der Verwaltung wie auch der Bürger“sei „nicht ausreichend“. Unangenehm aufgestoßen war zudem die Eitelkeit des Umweltsenators, „lediglich aus Gründen der ,Vorreiterrolle' die technischen Anforderungen zu verschärfen“.
Geradezu frivol finden Rittershaus & Stab das Ansinnen der Umweltbehörde, durch die Verordnung klimaschützerische Revolutionen anzuzetteln: So ist beispielsweise geplant, daß jahrzehntelang nachtspeicherbeheizte Stadtteile endlich an die Fernwärme angeschlossen werden, oder daß neue Gebäude verbindlich wärmegedämmt werden. Viel zu teuer: „Entscheidend für die Baukosten sind nicht die langfristig einzusparenden Energiekosten, sondern die aktuellen Kostenbelastungen.“
Außerdem, so schwant es den Schützern der Wirtschaft, könne es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen, die gegen den „EWG-Vertrag (freier Binnenmarkt)“verstießen. Es stehe ja zu befürchten, „daß dänische Produzenten von Fertighäusern plötzlich in Hamburg nicht mehr ihre Ware verkaufen dürfen, weil sie die Verordnung nicht einhalten“.
Auch die taz plädiert daher zur verordnungslosen Rückkehr zu Wolldecke und Rum: Im Sinne einer nachhaltigen Erwärmung der frostigen Beziehungen zwischen Wirtschafts- und Umweltbehörde.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen