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Berti in Berlin: Alles über den Außenläufer

Früher gab es ja Dinge, die gibt es heute gar nicht mehr. Berti Vogts weiß, was es heutzutage unter anderem nicht mehr gibt: „Außenläufer und Mittelläufer.“ Die jungen Leute „wissen ja gar nicht mehr, was ein Außenläufer ist.“ So blickte er gestern mittag um sich, fand zwei relativ junge Menschen, nämlich Andreas Möller und Mario Balser und befahl: „Die beiden sollen es erklären.“

Erstens: Spieler Möller ist verletzt und kann am Samstag im WM- Qualifikationsspiel gegen Portugal nicht für den DFB mittun. Zweitens: Möller soll den Kollegen Basler nach dem letzten Länderspiel in Nordirland „Außenläufer“ geheißen haben. Jener sich daraufhin beschimpft und deshalb „geschockt“ gefühlt haben.

Nun hat man im DFB-Hotel in Berlin das getan, was Männer in so einem Fall tun: Man hat „ein vernünftiges“ (Vogts) oder auch „sehr gutes“ (Basler) Gespräch gehabt, zu dritt, in dessen Verlauf Möller dem Basler erklärt hat, „wie er das gemeint hat“ (Basler). So gut lief das, daß selbst der zur Sicherheit lauschende Bundestrainer „beeindruckt“ war.

Wie man Portugal ohne Möller schlägt, darüber wird noch gerätselt. Was den Begriff Außenläufer betrifft, ist aber alles klar. Weil nicht jeder ganz sicher war, köhlerte einer gestern im Hotel Esplanade testhalber den Namen „Liebrich“ in Richtung Basler. Liebrich? „Hmhmhm“, brütete der und wollte schon aufgeben, als der historisch interessierte und durch den Jahrgang (1946) bevorteilte Vogts sich meldete: Liebrich, so war zu erfahren, „war kein Außenläufer, er war Mittelläufer“. Und das nicht bloß im WM-Finale 1954, sondern jahrelang in Kaiserslautern, wo Basler zufällig herkommt.

Rainer Bonhof, heute Assistent, war übrigens auch eine Art Außenläufer. Das hatte jedenfalls Möller am morgen beim Training im Olympiastadion rausbekommen. 1974, bei Müllers Tor im WM-Finale nämlich, „kam er über die rechte Außenbahn.“ Einmal in Schwung, wollte er zuletzt gar den Bundestrainer zum Außenläufer machen.

Vogts vernahm es mit Grausen. „Ich nenne Baxter“, trumpfte er nun auf. „Der war ein Schotte, ich war nur einfacher Verteidiger.“ Natürlich hatte er gedacht, man wüßte nicht, wer Jimmy Baxter war. „Der rechte und linke Läufer“, sagte nun Basler, „trug im früheren WM-System Rückennummer 4 und 6. Baxter aber machte 34 Länderspiele und wurde 1964 wegen seines hohen Außenläuferkönnens in die Europa-Auswahl berufen.“

Um ehrlich zu sein, so sagte er es nicht. Er sagte: „Ich habe am Wochenende 93 Prozent der Zweikämpfe gewonnen. Es waren vier Zweikämpfe.“ Früher gab es so was nicht. Nur gut, daß Vogts schon weg war.Peter Unfried

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