■ Welt Weit Grönling
: Meisers Küchenmodem

Nirgendwo ist das schlimmer als auf der Funkausstellung, und dagegen ist selbst die CeBit der reinste Spaziergang: Je mehr Leute sich einen Internetzugang anschaffen, um nun endlich am weltweiten Treiben teilzuhaben, um so schwieriger wird es, aus den bunten Prospekten und vollmundigen Presseankündigungen der Hersteller von Hard- und Software das herauszufiltern, was wirklich einen Vorteil bringt. Da wachsen Dinge zusammen, die nun überhaupt nicht zusammengehören. Fernseher mit Internetanschluß und Windows- PCs, die auch noch ein Fensterchen für Hans Meiser offen haben. „Multimedia“ ist nun zum allervierzigstenmal das Zauberwort, und alles haben wir schon mal gehört.

„Und es wird kommen eine große Verwirrung“ – diese Erkenntnis ist auch zweitausend Jahre nach dem „Leben des Brian“ noch gültig. „Zur Kreuzigung linksherum, jeder nur ein Kreuz!“ Nur sind die Philister heutzutage auf Messen anzutreffen. Wer nicht aufpaßt, wird ganz schnell über den Tisch gezogen. Internet aus der Schüssel oder dem Fernsehkabel, ist das die Lösung? Kein Modem, keine gebührenfressende Telekom – einfach so, mit einem simplen Decoder. Das mit der Rückleitung interessiert mich dann doch. Schließlich muß der Server ja irgendwie erfahren, was ich von ihm will. „Nach der Auswahl durch unsere Redaktionsmannschaft werden die besten Webseiten aufbereitet und in der vertikalen Austastlücke des Fernsehsignals versteckt.“ Das ist unglaublich, kann aber bei www .netonair.com nachgelesen werden. Alles ist fertig vorgekaut, beim TV-PC hört die Rückleitung auf. Woanders wurde das schon wesentlich besser gelöst.

Digitaler Schwachsinn ohne Ende: Handys, denen ich erzählen kann, wen ich anrufen möchte, oder die diverse Internetdienste direkt abrufen. Stereoanlagen, die sich die neuesten Hits per Datenleitung besorgen, und ein Web-TV-Gerät, das von DAB bis DVD alles kann, was in diesem Jahr an Abkürzungen geboten wird. Daß mit solchen Mätzchen das Internet endgültig zum Zap-Medium verkommt, stört niemand – weder die Technikfreaks mit den glänzenden Augen noch die Industrie, die sich mit Technologieverschmelzung aus der Krise retten will.

Beim nächsten Mal wird der „fettabweisende Küchenfernseher“ mit einem Kabelmodem ausgestattet und holt sich Rezepte allein aus dem Netz. Wenn das die Zukunft des Internets sein soll, möchte ich doch lieber, daß alles so bleibt, wie es ist. Dieter Grönling

dieter@taz.de