: Aschlers Projekt
Sonne Art Supergaus vonne Hamburger Kultur sind ja das Alstervergnügen und der Hafengeburtstag. Was, wie der eine Senator sagte, gleichzeitig ein Zeugnis ist für Hamburg seine multikulturelle Bemühung'. Ich mein, in diesen Punkt hat er ja recht. Denn angefang' bei diese südamerikanische Tackos oder Tortilljas über de chinesische Frühlingsrolln bis hin zu de griechische Giroß- oder de türkische Dönerkultur kommt das zu den Höhepunkt, der vonne englische Peis gebildet wird. Und dazwischen immer abwechselnd de Bier- und de Weinstände, wo du mal so echt norddeutsche Fröhlichkeit kenn'lern' kannst. Da gibt das nämlich ein Wettspiel, wo man hinter ein' nichtsahn'den Besucher hergeht und ihn über de Schulter wechkotzt. Wobei man aber de Schulter nicht berührn darf. Und wer an dichtesten anne Schulter rankommt, hat gewonn'. Wie gesagt, zu diese sportliche Leistung ist aber bloß imstande, wer vorher ordentlich was geschluckt hat an Halbe oder Lütt un Lütt. Wo ich mit sagen will: Unse Hansestadt ihrn Ruf als Hauptstadt des Sports kann bloß gehalten werden durch das fröhliche Trinken inne Öffentlichkeit. Und nu hör ich, daß öffentliches Trinken inne nächste Zeit verboten werden soll, was für mich total unverständlich ist, denn damit ist das tradizionelle SCHULTERFLUTSCHEN ja gestorben. Aber denn erzählt mir mein Stammkunde, Revierförster Noske: „Keine Angst, unsere Traditionen werden nicht angetastet, das Trinkverbot bezieht sich nämlich nur auf die Nichtseßhaften, die sogenannten Berber, die in der Tat einen wirklich unästhetischen Anblick bieten mit ihren öffentlichen Saufgelagen.“„Stimmt“, sag ich, „und damit könn' se de normaln Bürger ja von ihrn Vorbereitung' zun SCHULTERFLUTSCHEN abhalten.“In diesen Moment nähert sich ein anderer Stammkunde von mir, der Jungunternehmer Aschler. „Tach, Herr Aschler“, sag ich, „Sie gucken ja richtig bedrüppelt ausse Wäsche. Was ist los mit ihn'?“Und da hat er mir sein Herz ausgeschüttet: „Da heißt es“, schluckst er, „doch immer, wir Jungunternehmer sollen kreativ sein und Innovationen entwickeln.“„Richtig“, sag ich, „und haben Sie?“Er nickt: „Ich habe in der Tat ein Konzept entwickelt, was ebenso das Einfühlungsvermögen meiner besserverdienenden Klientel schult als auch deren Hemmungen und Minderwertigkeitsgefühle abbaut.“„Und was genau ist das fürn Projekt?“frag ich. „Es ist eher ein Therapieangebot für unausgefüllte Wohlhabende ...“„Nu mal raus damit!“sag ich. „In meiner Werbung heißt es ungefähr so: Wir garantieren Ihnen ein abenteuerliches, aber risikoloses Aussteigen auf Zeit. Lernen Sie ,Hamburg von unten' kennen!“„Ich ahn schon, was das ist“, sag ich, „Sie verleihn Berberklamotten und weisen Ihrn Kunden da Sitzplätze zu, außerdem ein' ECHTEN Berber, der Ihre Tüpen 'n bißchen unter de Fittiche nimmt.“„Damit ist es jetzt wohl aus“, läßt Herr Aschler den Kopf hängen, „aber vielleicht hätten meine Kunden doch nicht so aggressiv betteln sollen, sondern eher zurückhaltend ... wie ihre ECHTEN Kollegen ...“
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