„Wir brauchen Informationen“

■ Verbände und Verbraucher wollen ein Umweltzeichen

An runden Tischen spricht's sich leichter. Dieser Erfahrung folgend, nahmen Fachleute aus der Textil- und Bekleidungsbranche dort Platz und diskutierten mit Wissenschaftlern, Politikern und Verbänden, um gemeinsam Ideen für ökologische und soziale Kriterien eines Umweltzeichens für Textilien zu kreieren. Die Liste der Beteiligten ist namhaft: Steilmann, Novotex, Otto, Neckermann, die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, TÜV Rheinland, Arbeitskreis Naturtextil, Gewerkschaften und manche mehr.

„Wir brauchen mehr Informationen über alle Verarbeitungsstufen, um Risiken und Verwertung abschätzen zu können“, forderte MdB Marion Caspers-Merk, Vorsitzende der Enquetekommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“. Dazu benötige man „ein einheitliches Umweltzeichen für die Auszeichnung und einen Warenbegleitbrief als interne Kennzeichnung“.

Eine Befragung von etwa 80 Unternehmen und 30 Verbänden der Branche durch das Klaus Novy Institut brachte die Erkenntnis: 77 Prozent der befragten Textilhersteller nutzen ein Ökolabel und würden sich auch an einem Artikelpaß beteiligen, immerhin noch 50 Prozent an einem Unternehmenstest unter sozialen und ökologischen Kriterien. Während sich ein einheitliches Ökolabel (85 Prozent) und ein reines Soziallabel (78 Prozent) hoher Akzeptanz erfreuen, sind die Unternehmen bei einer Kombination der beiden wesentlich skeptischer (63 Prozent).

Konsens immerhin war, kein neues Umweltlabel zu kreieren, sondern bestehende zu nutzen und zu verbessern. Zwei Arten von Zeichen sind dabei besonders gefragt: ein Label mit einer „Kennzeichnungsfunktion“ sollte dem Käufer neben der Gebrauchstauglichkeit auch die gesundheitliche Unbedenklichkeit eines Produktes signalisieren. Außerdem müsse ein Label mit einer „Auszeichnungsfunktion“ für Produkte mit herausragenden Umwelteigenschaften vergeben werden. In der Textilbranche wird das eine Konzept – mit Abstrichen – bisher durch den Öko-Tex-Standard 100, das andere durch das europäische Umweltzeichen repräsentiert. Beide Zeichen werden indes hinsichtlich der ökologischen Kriterien als „nicht ausreichend“ eingeschätzt. Insbesondere das EU-Zeichen sei weder bei Verbrauchern noch Unternehmen hinreichend bekannt, beklagte man.

Am Schluß der Debatte stand der Vorschlag, ein dreistufiges Umweltzeichen zu schaffen: Auf der untersten Stufe solle die Gesundheitsverträglichkeit des Produktes bewertet werden, auf der zweiten die Umweltverträglichkeit der Produktionsweise und auf der dritten Stufe die sozialen Bedingungen bei der Herstellung der Kleidungsstücke. Dabei solle die unterste Stufe „eine Art Industrienorm werden“, forderte Karen Schmidt vom Bekleidungshersteller Steilmann. Die Label möglichst einheitlich zu erläutern, damit der Verbraucher sie verstehe und kein Etikettenschwindel betrieben werde, verlangten darüber hinaus die Verbraucherverbände. Betriebliche Vereinbarungen zu sozialen Aspekten in Form von Unternehmensleitlinien und Einkaufsbedingungen entwickeln derzeit Neckermann, Steilmann und Otto. Außerdem erfreulich: Die Gewerkschaft Textil und Bekleidung plant Absprachen mit einzelnen Unternehmen zur Ächtung von Kinderarbeit in Form einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Herbert Klemisch

Der Autor ist Mitarbeiter des Klaus Novy Instituts, Köln. Tel. (0221) 331 80 27. Die Dokumentation „Öko- und Soziallabeling in der Textil- und Bekleidungsbranche“ kostet 10 DM (plus 3 DM Porto). Bezug: Wissenschaftsladen Bonn, Buschstr. 85, 53113 Bonn, Tel. (0228) 201610

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