■ Erstes Todesopfer bei einem Bombenanschlag in Kuba: Nutznießer und Verlierer
Zum ersten Mal ist in Kuba bei einem Anschlag auf ein Hotel ein Mensch ums Leben gekommen – eine fast logische Eskalation angesichts der Anschlagsserie, mit der Unbekannte seit April versuchen, die kubanische Wirtschaft an ihrem empfindlichsten Punkt zu treffen. Der Tourismus ist einer der wichtigsten Devisenbringer, und er ist durch wenige, symbolhafte Sabotageakte ernsthaft in Gefahr zu bringen.
Kuba behauptet, die Anschläge seien in den USA vorbereitet worden – vermutlich stimmt das. Zumindest die Art der Sprengkörper deutet darauf hin. Darüber hinaus hat die Cuban-American National Foundation, jene rechte Organisation von Exilkubanern in Miami mit dem reaktionären Jorge Mas Canosa an der Spitze, zwar gestern das Todesopfer bedauert, sagte aber gleichzeitig, alles, was zum Sturz des kubanischen Regimes beitrage, sei legitim.
Die Anti-Castristen mögen insgeheim noch von einer zweiten – diesmal glücklichen – Schweinebucht- Invasion träumen. Tatsächlich aber zielen sie schon gar nicht mehr darauf, Unterstützung in der Bevölkerung zu wecken. Die Bombe jedenfalls hat genau einen von denen getroffen, die in den Augen der Hardliner-Boykotteure die größte Gefahr darstellen, weil sie das Überleben des Regimes wirtschaftlich absichern: Der getötete Italiener Fabio di Celmo war Geschäftsmann. Er hielt sich in Kuba auf, weil er dort investieren und einen Betrieb eröffnen wollte.
Für Fidel Castro sind die Anschläge von zweifelhaftem „Wert“. Er hat in den letzten Jahren einen Weg eingeschlagen, der ihm den Machterhalt zu sichern scheint: wirtschaftliche Öffnung nach außen und politische Verhärtung nach innen. Die Attentate gefährden den Tourismus und damit den ökonomischen Erfolg. Gleichzeitig liefern sie ihm die Legitimation zu noch härterem Durchgreifen. Die Anschläge werden die politische Polarisierung befördern. Beides entspricht der Linie, die bislang die US- Rechte und die Hardliner-Kreise des kubanischen Exils in Miami verfolgt haben: immer mehr Druck machen im Dampfkessel, bis er irgendwann explodiert. Eine menschenverachtende Logik von beiden Seiten.
Fidel Castro und Miami, das sind zwei Extreme, die sich gegenseitig brauchen. Auf der Strecke bleiben jene Kubaner, die für einen friedlichen Wandel eintreten, denen die Freund-Feind-Schemata längst zu eng geworden sind. Bernd Pickert
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