■ Um Heinos Potenz muß nicht länger gebangt werden: „Jung und fit durch Super-Kapsel“
Neben zweifelhaften Telefonseelsorgeinstituten („Zusammen stöhnen“, „?? Minute fertig“ oder „Hausfrauen wollen sich mit dir treffen“) werben in der Bild-Zeitung vor allem Medikamentenhersteller, die dem überwiegenden, übergewichtigen Teil der Bild-Leserschaft Hämorrhoiden, Blasenschwäche und derlei mehr unterstellen und gute Besserung versprechen.
Auch des Lesers Potenz besorgt jene Firmen. Genau wie der Sozial-, so wird in Bild auch der Penisneid in einem Abwasch geschürt und verarztet. Prominente Ganzkerlmänner sagen in Anzeigen gerne „Nimm diese Pille und sei so geil wie ich“. Und geil meint hier geil. Heiner Lauterbach tat es vor einigen Monaten. Und kürzlich erst sah man ein neuerliches Beweisfoto: auf dem Cover der TV Spielfilm beim Umklammern zweier nicht eben kleiner Brüste. Diese gehörten Jenny Elvers, einer drallen Quarktasche, die kaum was kann und doch alles tut. Der Stern nannte die Elvers „Schauspielerin“, was unbedacht oder sehr zynisch ist.
Bei Heiner also alles o.k., und auch um Heinos Potenz muß nicht länger gebangt werden. Zwar flog ihm neulich sein Adler davon, doch alles andere ist noch da (übrigens auch der Adler wieder), und er (Heino) ist „jung und fit durch Super-Kapsel“. Die Super-Kapsel ist natürlich streng wissenschaftlich entwickelt. Der englische Biologe Prof. Dr. Mitchell hat nämlich das „Coenzym Q10“ entdeckt. Und davon wird alles wieder besser. Es steigt sogar die „Chance auf ein Leben, das bis ins hohe Alter aktiv, gesund und lebenswert ist“. Und da Heino selbst die heikle Vokabel in die Diskussion wirft, wird die Nachfrage erlaubt sein: Ist das Leben als sonnenbebrillter Toupet-Träger, der unschöne Liedchen knarzt, dicke Torten für dicke ältere Damen in seinem Café in Bad Münstereifel zusammenschmiert (gelernt ist gelernt) und darüber hinaus auch noch seit zehn Jahren frei erfunden behauptet, bei der Jugend schon beinah beängstigend „angesagt“ zu sein – ist so ein Leben „lebenswert“?
„Mir wurde klar, so konnte es nicht weitergehen“, sagt Heino heute. Das muß so zur Zeit des „Enzian-Raps“ gewesen sein oder der unseligen McDonald's-Werbung. Peinsame Momente sind in seiner Biographie ja nun nicht gerade rar gesät. Und da ist dann noch Hannelore. Und seine Tütenessen-Edition. Dann aber die Pillen, das Coenzym. „Jetzt will sie jeder“, prahlt pro natura. Schon der Name der Firma gemahnt an die windigen Unternehmen, vor denen Eduard Zimmermann jahrzehntelang zu warnen pflegte. Aber – „jetzt will sie jeder“. Solche Nachfrage macht Heinos generöse Geste leicht verstehbar, „gemeinsam mit der Vertriebsfirma“ an jeden Q10-Aspiranten „eine Probepackung gratis abzugeben“. Vielleicht will ja nicht nur sie, sondern auch Sie dann jeder. Glaubt man, hofft man. Und schluckt „das hochwertige Original — Q10 aus Japan“. Was passiert dann? Nichts natürlich, aber wenn man Q10 und Heino Q10 und Heino sein läßt, könnte es sein, daß nichts mehr geht, denn „ohne Q10 kann keine Zelle im Körper arbeiten“. Mit Q10 kann Heino super arbeiten. Muß er auch – „Ich bin in einem richtigen Interview-Streß, seit ich diese Energie-Kapsel nehme.“ Fürwahr, in nachgerade jeder Wissenschaftsbeilage oder -rubrik von Zeit bis Funk Uhr von „Plus Minus“ bis „heute journal“ beschäftigten sich mehrseitige bzw. mehrminütige so einfühlsame wie sachkundige Heino-Features mit Q10. Jetzt will ihn jeder. Berti Vogts will keiner. Zumindest nicht, wenn es um Potenzstärker oder Lebenswerters Echte geht. Als Sanostol- Kind käme er vielleicht in Frage – platsch, durch die Pfütze, ist ihr Bundestrainer häufig lustlos? Ist er!
Ein Quarkhersteller setzte Vogts trotzdem unter einen Baum, drückte ihm geleeunterwanderte Milchpampe in die Hand und ließ ihn ein paar Kühen hinterherklatschen. Echt! Wird der Berti Sodomist/ Bloß weil er Danone ißt? 1 Minute fertig? Das gäbe einen Interview-Streß! Benjamin v. Stuckrad-Barre
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