piwik no script img

Bremens erste Islam-Woche kommt

■ Vorbereitungsgruppe umschiffte vermintes Gelände umsichtig

Der Islam ist ein heikles Thema. Das ist selbst unter islamischen Glaubensbrüdern und -schwestern unbestritten. Es gibt unzählige Ausrichtungen, die von nationalen, politischen und religiösen Interessen überlagert werden. Dennoch ist es im Bremer Rathaus geglückt, die überwiegende Mehrzahl der verschiedenen Gemeinden und Gruppen in Bremen an einen Tisch zu bekommen. Gemeinsam veranstalten sie ab dem 21. September die „1. Islam-Woche“Bremens.

Ein Jahr an Vorbereitungen und Drahtseilakten geht dann zu Ende, um in eine neue Ära zu münden: Die der Verständigung zwischen der nicht-islamischen und der islamischen Bevölkerung in Bremen. Das jedenfalls hofft Helmut Hafner, Mitarbeiter im Büro von Bürgermeister Henning Scherf. Auf dessen Initiative – er ist zugleich Senator für kirchliche Angelegenheiten – geht die Woche zurück.

Dabei spielten auch Zufälle mit: Kurz nach einem Neujahrsempfang im Rathaus, wo die Vertreter der christlichen und jüdischen Religionen in Bremen vertreten waren, nicht aber die der islamischen, kam es zu ersten offiziellen Kontakten, berichtet Hafner. Auf „sympathisch selbstbewußte Art“hatten der Türkische Zentralverein und die Islamische Föderation zuvor an den Senator geschrieben – und um entsprechende Würdigung der durch sie vertretenen Glaubensgemeinschaft gebeten. Bald darauf strömten die ersten – rund hundert – Vertreter verschiedener islamischer Gemeinden durch die Gänge des Rathauses. Die Idee einer Islam-Woche wurde geboren.

„Anders als in anderen Städten arbeiten wir mit einer ganz großen Beteiligung sehr vieler Gruppen“, freut sich Haffner. Er hat dafür aber nicht nur Zuspruch geerntet. Ob es richtig sei, „den Fanatikern eine Plattform zu bieten?“mußte er sich fragen lassen. Und auch, ob die geplante feierliche Eröffnung auf dem Rathausplatz nicht zum falschen Signal geraten könnte – wenn da mehrere 1.000 Muslime quasi demonstrierten.

Dabei hat Hafner selbst nicht auf alle Fragen zum Islam eindeutige Antworten parat. Noch denkt der im letzten Jahr mit dem Friedens- und Kulturpreis der Villa Ichon ausgezeichnete Rathaus-Mann selbst darüber nach, ob Islam und Demokratie wirklich vereinbar sind. „Der Koran ist doch – anders als die Bibel im heutigen Christentum – nicht interpretierbar“, sinniert er. Allerdings – bei der Vorbereitung der Islam-Woche hat er die Kompromißbereitschaft unter den rund 40 beteiligten Bremer Gruppen selbst kennengelernt. So kommt es, daß nicht nur verschiedene VertreterInnen der großen hiesigen Religionen zum Auftakt der Veranstaltungsreihe sprechen. Noch am selben Tag wird auch der – unter Muslimen umstrittene – Leiter des Hamburger Orient-Instituts auf Einladung des Rathauses zum Thema „Der Islam und der Westen“sprechen. Fast zeitgleich hält der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, auf Einladung des Türkischen Zentralverbandes und der Bremischen Evangelischen Kirche, ebenfalls einen Vortrag.

Daß die Veranstaltungen, bei denen sich Vortrag an Diskussion an Arbeitsgruppe reiht, reichlich „akademisch“orientiert sind, darüber sind sich alle Veranstalter der Islam-Woche einig. Sinnliche Elemente, die etwa die islamische Alltags-Kultur bestimmen, von Fastengebräuchen über die Musik, das Beten, bis hin zur Hochzeitsfeiern, bleiben außen vor. „Und leider auch die tanzenden Derwische“, bedauert die einzige Frau in der Vorbereitungsgruppe, Zerrin Dalhoff. Der Grund: Fast alle 60 Veranstaltungen, für die jeweils unterschiedliche Gruppen verantwortlich sind, werden über Spenden finanziert. Einladungen an auswärtige Prominenz gab es darum nicht.

ede

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen