■ Vorschlag: Das Mies van der Rohe Haus zeigt Bilder von Johannes Gecelli
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Das Mies van der Rohe Haus zeigt Bilder von Johannes Gecelli
Wer von zentraleren Orten Berlins nach Hohenschönhausen reist, wird meinen, sich in einer anderen Stadt zu befinden, und ist versucht, die Uhr am Armgelenk zurückzustellen. Großstädtisches Flair sucht man hier vergeblich. Um so bemerkenswerter erscheinen in diesem Ambiente aus sozialistischen Plattenbauten und betulichem Einfamilienhausidyll die Anstrengungen, im Mies van der Rohe Haus ein hohes Niveau an Ausstellungen zu erhalten.
Momentan sind in den lichtdurchfluteten Räumen aktuelle Gemälde von Johannes Gecelli zu sehen. Die Bilder wirken in der streng geschnittenen Umgebung weniger fremd als etwa die baulichen Ambitionen der Vormieter, die Türen und Wände korrigierten, wie sie es vom eigenen Heim her kannten. Tatsächlich kommen Gecellis Gemälde, die in Jühnsdorf entstanden sind, wo der Maler schon einige Jahre lebt, hier exzellent zur Geltung. Bekannt wurde Gecelli mit Arbeiten, die sich mit Figur und der Auflösung des Figürlichen beschäftigten. Durchaus existentialistisch nahm der 1925 in Königsberg geborene Künstler sich das Sein und das Nichts in den fünfziger Jahren als Thema vor. Die Figur des einzelnen ging oder stand, teils nur als Schatten, in Landschaften aus minutiös austarierten Farbwerten umher; das Objekt der Betrachtung sollte mehr oder weniger zum Verschwinden gebracht werden, bis ein malerischer Riß im Bild blieb: Ende und Anfang der Mutmaßung.
Andererseits hat Gecelli das Arbeiten im Jühnsdorfer Atelier einiges an Bodenständigkeit gebracht. In den neuen Arbeiten rückt die Farbfläche aus der Zentrierung und, so scheint es, versichert sich der Eigenart per Grundierung. Der „Grund“ ist eine acrylgetünchte Leinwand, die an den Rändern hervorscheint. Schräg steht der Riß, der eigentlich die Mitte des Bildes war, auf die Gecelli den Betrachter zielsicher zusteuern läßt. Was der Maler mit seinen „Kippbildern“ vorführt, ist als Wagnis nicht das Schlechteste – gerade weil ein doppelter Boden fehlt. Norman Lindner
Bis 23.11., Di.–Do. 13–18, Sa./So. 14–18 Uhr, Oberseestraße 60
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