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Ertrunken im Nichtschwimmerbecken

■ Sechsjähriger Junge starb beim Vorschul-Schwimmkurs

Am Donnerstag ertrank ein sechsjähriger Junge aus Wedding im Paracelsus-Bad in Wittenau. Das Kind war mit einer Vorschulklasse zum Schwimmunterricht in das Bad in der Roedernallee gekommen. Den Schwimmkurs hatten die Eltern organisiert.

Die etwa fünfzehn Kinder seien nach Angaben einer Polizeipressesprecherin in Begleitung von drei oder vier erwachsenen Aufsichtspersonen gewesen. Ob eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorliege, sei noch nicht geklärt. Die Polizei hat die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft übergeben und eine Obduktion angeregt. Damit soll nach Polizeiangaben geklärt werden, ob der Junge möglicherweise erkrankt war. Die Justiz will sich vorläufig nicht äußern.

Das Unglück ereignete sich im Nichtschwimmerbecken, das an der entsprechenden Stelle eine Tiefe von 1,20 Metern aufwies. Das Vorschulkind konnte dort nicht stehen. Es hatte keine Schwimmhilfen getragen. Das ist in Nichtschwimmerbecken selbst im Schwimmunterricht nicht vorgeschrieben. Dazu Edmund Brandt von den Bäderbetrieben: „Es ist pädagogisch notwendig, auf Schwimmhilfen bei vielen Übungen zu verzichten. Nur so bekommen die Kinder ein sicheres Wassergefühl.“

Das Paracelsus-Bad ist eigentlich ein Vorzeigebad. Manfred Rademacher von den Bäderbetrieben, denen das Bad untersteht, betonte, daß ausschließlich qualifizierte und erfahrene Schwimmmeister dort tätig seien. Eine personelle Unterbesetzung schloß er am Unfalltag aus. Weitere Angaben wollte Rademacher wegen der laufenden Ermittlungen nicht machen.

Die Senatsjugendverwaltung lehnte jede Verantwortung für den Unfall ab. Es habe sich, so Sprecherin Rita Herrmanns, um einen von den Eltern organisierten privaten Schwimmkurs und nicht um eine offizielle Veranstaltung der Vorschulklasse gehandelt. Nach Erfahrungen von Elternvertretern verschiedener Bezirke können Schwimmkurse von Vorschulgruppen wegen der immer schlechteren personellen Besetzung in den Kitas nur noch als Elterninitiativveranstaltungen durchgeführt werden. Die Aufsichtspflicht der Erzieherin ende bei solchen Kursen am Tor der Schwimmhalle, führt Rita Herrmanns aus. Die Entscheidung, ob ein Kind Schwimmflügel tragen soll, liege ausschließlich bei den Schwimmmeistern.

Der sportpolitische Sprecher der Bündnisgrünen, Dietmar Volk, will den Todesfall im Sportausschuß besprechen. Er erwartet von der Verwaltung eine Stellungnahme, ob und wie es möglicherweise zu einer Verletzung der Aufsichtspflicht kommen konnte. Marina Mai

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