■ Querspalte: Leute, sprecht deutsch!
Ich habe nichts gegen Leute, die in Schrift und Sprache englische Formulierungen vermeiden, einige meiner besten Freunde tun das. Aber jetzt muß ich ihnen diese Angewohnheit wohl in einem Crash course austreiben, falls sie nicht als Fans eines Sixtysomethings aus Hamburg-Eppendorf gelten wollen. Der benutzt auch nie Anglizismen. Sein Fensterputzer, erfahren wir in der aktuellen Ausgabe der Zeit, kann schließlich kein Englisch.
Der Chef der nicht so sprachbegabten Putzfachkraft heißt Fritz J. Raddatz. So lange die morschen deutschen Knochen noch mitmachen, wird er fighten – gegen das antideutsche Pack von Mercedes, das ein Modell als „for Men and Women“ anpreist, gegen die sich frevelhafterweise so nennende Deutsche Bank, „bei der man ,Erdnüsse‘ nicht auf deutsch buchstabieren kann“, gegen die Sprachterroristen von der Frankfurter Rundschau, die mit Begriffen wie „Fan-Magazin“ und „Overkill“ schießen, und wg. „Law and Order is a Labour issue“ auch gegen die Vaterlandsverräter von der Hamburger SPD.
Raddatz lobt „die glücklicherweise noch immer auf ihre Sprache stolzen Franzosen“, und es wäre ja schön, wenn, wie der Warrior vom „Planet Speersort“ nahelegt, die Deutschen, die Weltmeister im Stolzsein auf alles mögliche, ausgerechnet in dieser Teildisziplin nicht in der Spitzengruppe mitspielten. Wahr ist vielmehr, daß es in den Eppendorfs dieser Republik noch mehr Deutsche gibt, die ihren Fensterputzer in einer Sprache kommandieren, die so rein ist wie ihr Blut.
Für psychoanalytisch bewanderte Nationalismustheoretiker sind die neuen Raddatzismen bestimmt ein Leckerbissen, denn der gibt hier preis, daß er sogar an das eine denkt, wenn es ihm vornehmlich darum zu gehen scheint, die „Sprachkolonisierung“ Deutschlands anzuprangern. Weil Raddatz das aber so direkt nicht sagen will, versteckt er sich hinter einem Schriftsteller – natürlich hinter einem, der sich nicht mehr wehren kann: „Gombrowicz“, behauptet FJR, „hätte es eine ,Vergewaltigung der Ohren‘ genannt.“ René Martens
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