: Wagner will Berti Vogts eine Bahncard schenken
■ Längst ein Kandidat für Europa: Beim 4:3 über den VfB Stuttgart zeigt sich, daß der 1. FC Kaiserslautern nicht zufällig an der Tabellenspitze der Bundesliga steht
Kaiserslautern (taz) – Der Einbruch kommt bestimmt. So war es seit dem 1:0 des 1. FC Kaiserslautern bei Bayern München immer wieder zu hören. Selbst rund um den Betzenberg, wo doch alle immer so optimistisch sind. Lange würden sich die gerade wieder aufgestiegenen Lauterer wohl nicht an der Tabellenspitze halten können. Selbst der „Beratungsring Rindfleischerzeugung Kaiserslautern“ schien so zu denken und hatte deshalb zum Spiel gegen den VfB Stuttgart den FCK-Fanklubs ein Glücksschwein gestiftet.
Nun hat man immer noch drei Punkte mehr als der Tabellenzweite Bayern, und mit Glücksspiel hatte das, was die Lauterer über 94 Minuten im Fritz-Walter- Stadion abzogen, nichts zu tun. Aber auch gar nichts. Norbert Thines, der ehemalige Präsident des 1. FCK, kam nach dem Schlußpfiff strahlend aus der VIP-Zone und hatte gar ein freundliches Lächeln übrig für seinen abtrünnigen Ex-Vize Reiner Geye, so freute er sich an den schönen Dingen, die sich gerade ereignet hatten.
Es stimmt: Zur Halbzeit hätte der VfB höher führen können als mit 2:1. Hinterher aber herrschte bei den Schwaben Katzenjammer, weil sie trotz einer spielerisch ansprechenden Leistung wieder einmal auf dem Betzenberg überlistet worden waren.
Vielleicht wäre es ja anders ausgegangen, wäre da nicht Olaf Marschall gewesen, für den sich am Ende drei Treffer summierten. Lauterns Martin Wagner war von dem Auftritt seines wiedererstarkten Mitspielers so begeistert, daß er androhte, Berti Vogts eine Bahncard zukommen zu lassen, damit der sich demnächst mal in die Pfalz verirre, um einen oder mehrere Kandidaten für „France 98“ zu observieren.
Marschall führt die Toreerzielerliste der Liga mit sieben Treffern an, sprach aber von den „vielen guten Stürmern“ in der Bundesliga. Er vergaß aber zu erwähnen, daß ein Gutteil von ihnen Ausländer sind. Wie Jonathan Akpoborie, der das 1:2 (36.) machte.
Als früh nach der Pause Ratinho per Freistoß der Ausgleich gelang und wieder Marschall nach Sforza-Freistoß auf 3:2 und dann nach genialer Vorarbeit von Ratinho gar auf 4:2 erhöhte, war gewiß, daß der Ligaspitzenklub 1. FCK keine Einmonatsfliege war.
Gegen den phasenweise technisch besseren VfB Stuttgart lieferten die Pfälzer den Beweis dafür ab, daß sie zu Recht auf Platz eins stehen. Vor allem auch: daß sie noch etliche Zeit dort oben verbringen könnten. Der VfB spielte zu sehr für die Galerie und konnte so den spielerisch guten und vor allem kämpferisch traditionell stärkeren Lauterern nicht genug entgegensetzen.
Noch wehren Verantwortliche und Spieler des 1. FCK Spekulationen um mögliche höhere Weihen ab. Es ist aber keine Frage: Wer in den ersten sechs Spielen 16 Punkte holt und dabei als Aufsteiger die Europapokalteilnehmer Bayern München, Schalke 04 und den VfB Stuttgart überzeugend schlägt, ist längst selbst zu einem Kandidaten für Europa geworden. Günter Rohrbacher-List
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen