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Wieviel Zinsen sind gerade noch erträglich?

■ Die Initiativen zur Entschuldung der ärmsten Länder kommen nicht voran

Eigentlich wollten die Manager von IWF und Weltbank bei ihrem Jahrestreffen über das Gute reden. Thema sollte ihre Schuldeninitiative für die ärmsten Staaten sein. In den Genuß einer teilweisen Entschuldung sollten nach den Plänen des Internationalen Währungsfonds nach Uganda vielleicht auch Bolivien, Burkina Faso und die Elfenbeinküste kommen. Auch Mosambik kämpfte darum, in die Liste aufgenommen zu werden.

Um sich für die Schuldeninitiative zu qualifizieren, muß ein Land neben einer aus Sicht des IWF seit drei Jahren soliden Finanz- und Wirtschaftspolitik besonders hoch verschuldet sein. Gefördert werden sollen Länder, deren Schulden mehr als 250 Prozent ihrer Exporteinnahmen ausmachen und die jedes Jahr deutlich mehr als ein Fünftel der Exporterlöse für den Schuldendienste aufwenden müssen. Dies seien die Bedingungen, die für die armen Länder gerade noch erträglich seien.

Für alle in Frage kommenden Länder liegt die Gesamtverschuldung nach einer neuen Weltbankstatistik derzeit bei 430 Prozent der Exporteinnahmen und der Schuldendienst bei 24 Prozent.

Uganda ist im Frühjahr als erstem Land nach dem IWF-Modell ein Erlaß von 338 Millionen Dollar Schulden, knapp einem Fünftel der Gesamtverschuldung, versprochen worden. Die Entschuldung tritt aber erst im kommenden April in Kraft. Das Land gibt jährlich 200 Millionen Dollar an Zins und Tilgung aus, sechsmal soviel wie für sein Gesundheitssystem.

Kritiker der Weltbank wie die Bonner Entwicklungsorganisation Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (WEED) fordern einen wesentlich weitgehenderen Schuldenerlaß. Für mindestens 38 der ärmsten Länder mit 650 Millionen Einwohnern sei die Schuldenlast unerträglich geworden, die Schulden müßten komplett gestrichen werden. Seit 1980 hätten die verschuldeten Länder 2.650 Milliarden Dollar an den Norden bezahlt, aber nur 2.410 Milliarden Dollar an neuen Krediten erhalten. Schon heute zahle der Süden Geld an den Norden statt umgekehrt.

Der Schuldenerleichterung für die Ärmsten stehen aber nicht nur die umstrittenen Kriterien von IWF und Weltbank entgegen. Auch die Bereitschaft der Geber, auf ihr Geld zu verzichten, läßt zu wünschen übrig. Rußland boykottiert einen Schuldenerlaß für Mosambik, weil es alte Schulden aus den achtziger Jahren eintreiben will. Und die Interamerikanische Entwicklungsbank behindert den Erlaß für Bolivien, weil Mexiko seine Interessen gefährdet sieht.

Der Chef des Internationalen Gewerkschaftsbundes, Bill Jordan, klagte am Dienstag, nach seinem Eindruck versuchten vor allem Italien und Deutschland die Kriterien für den Schuldenerlaß so streng auszulegen, daß sie nicht viel Geld bei der Entschuldung verlieren. „Die Weltbank, der IWF und die G-7-Länder riskieren den Verlust ihrer Glaubwürdigkeit, wenn sie diesen Plan nicht verwirklichen“, so Jordan. Hermann-Josef Tenhagen

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